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SPD in Umfragen auf Tiefpunkt

Von Norbert Hoyer

Politik

Berlin - Einen großen Weihnachtsbaum hat der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder jetzt aus seiner niedersächsischen Heimat erhalten. Doch von vorweihnachtlicher Stimmung ist in Berlin wenig zu spüren. Das Klima ist derzeit vergiftet. Die dreitägige Etat-Debatte im Parlament spiegelte es wider. Hart und mit viel Polemik attackierten sich die Regierungskoalition und die Opposition. Der Kanzler machte aus seiner Betroffenheit keinen Hehl, nachdem ein CSU-Mann genussvoll ein weit verbreitetes Spottlied zitiert hatte.


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Ein "Steuersong" auf Schröder, in dem von gebrochenen Wahlversprechen, von einem unverschämten Abkassieren der Bürger die Rede ist, steht weiter ganz oben in der Hitliste. Im Kanzleramt trafen mehr als 4.000 Hemden ein, nachdem im Internet die Parole die Runde machte, wenn Schröder schon "das letzte Hemd" der Bürger wolle, dann solle er es auch wirklich bekommen. "Gerhard Schröder gibt sich kühl, doch nichts lässt ihn kalt", vermerkte die Berliner Zeitung "Der Tagesspiegel". Diese Woche kam es wieder besonders hart. In den Umfragen steht Schröders SPD an einem Tiefpunkt. Das Institut Forsa ermittelte für die Sozialdemokraten nur noch 27 Prozent - 11,5 Punkte weniger als bei der Bundestagswahl. Dabei waren die Forsa-Resultate im Wahlkampf von der Opposition noch als SPD-nah angezweifelt worden. Das, was die SPD einbüßt, hat die Unions dazu gewonnen. Nach Forsa liegt sie bei 50 Prozent. Und sie werden nicht müde, dem Kanzler und vor allem dessen Finanzminister Hans Eichel "Wahllüge" vorzuwerfen.

Einen von den Unions-Parten geforderten Untersuchungsausschuss "Wahlbetrug" wird es zwar dieses Jahr kaum noch geben. Doch vor den wichtigen Landtagswahlen am 2. Februar 2003 in Hessen und Niedersachsen dürfte die Union die Tonlage kaum ändern. Von Gesprächsbereitschaft und von möglichen Kompromissen war zwar in der Etat-Debatte auf allen Seiten die Rede, den Worten folgten aber erst einmal keine Taten. Der Showdown ist vorprogrammiert.

Die rot-grünen Eilgesetze mit einem Sparpaket für das Gesundheitswesen und einer Notlösung für die hoch defizitäre Rentenversicherung setzte Rot-Grün im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat mit seiner Mehrheit durch. Den Einspruch der Unions-Mehrheit in der Länderkammer will die Koalition am 20. Dezember im Bundestag mit ihrer absoluten Mehrheit zurückweisen. Angesichts von wieder mehr als vier Millionen Arbeitslosen sehen sich Regierung und Opposition gefordert. Doch es ist fraglich, ob bei der Umsetzung der unter VW-Vorstand Peter Hartz skizzierten Arbeitsmarktreformen eine gemeinsame Lösung gefunden wird. Viele glauben, dass es vor den Wahlen in Hessen und Niedersachsen keine Einigung gibt. Lustvoll hält die Opposition zudem der Regierung vor, dass selbst Hartz als Freund des Kanzlers Mängel bei der Realisierung seines Konzeptes beklage. Die Regierung habe sich bei der Umsetzung in Abhängigkeit von den Gewerkschaften begeben. Doch auch die mächtige Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fühlt sich provoziert von Schröder und dessen neuem Superminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement. Gegen die angekündigte Regierungsinitiative zur Lockerung des Ladenschlusses an Samstagen wurde bereits entschiedener Widerstand angekündigt. Dabei hat der eigentliche Clinch mit ver.di um Lohn-Prozente noch gar nicht richtig begonnen. Am 11. und 18. Dezember gehen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst weiter. Im Zeichen leerer Staatskassen droht Deutschland ein harter Tarifkonflikt.