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Olaf Scholz kam mit 48,3 Prozent auf absolute Mehrheit | CDU stürzte auf 21,9 Prozent ab. | Hamburg. Olaf Scholz hat es allen gezeigt. In ganz Deutschland sind die Sozialdemokraten aus dem Häuschen: Der Hamburger SPD-Chef hat bei der Wahl des Landesparlaments am Sonntag die absolute Mehrheit eingefahren. | Analyse: Hamburg, Hartz IV und Guttenberg bringen Merkel & Co. in Turbulenzen | Koalition mit SPD über Hartz IV einig | Merkel vertraut Guttenberg 'voll'
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"Die SPD kann Wahlen gewinnen", frohlockt Nils Schmid, der Spitzenkandidat der SPD in Baden-Württemberg. Dort wird in einem Monat der Landtag neu gewählt.
"Man kann zurecht sagen, dass das ein historisches Ergebnis ist, nicht nur für uns, auch für die anderen", rief der sehr gelöst wirkende Bundesparteichef Sigmar Gabriel enthusiastisch am Sonntagabend im Willy-Brandt-Haus in Berlin -- und hatte damit gleich einen Seitenhieb auf die CDU verteilt, die ihren Stimmenanteil mit 21,9 Prozent fast halbiert hat.
Die Sozialdemokraten haben nicht gerade gute Zeiten hinter sich. Und der Findungsprozess der Partei dauert an. So gibt das Ergebnis der Hamburger SPD den Genossen zwar allemal Rückenwind. Eins zu eins kann das Abschneiden der Hamburger SPD freilich nicht auf die Bundespartei und auf die Landesverbände übertragen werden. Denn die Bundespartei zeigte sich in den vergangenen Monaten betont "sozial".
Für Olaf Scholz, den einstigen SPD-Generalsekretär, der Hartz IV propagierte und die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 nach wie vor verteidigt, war zwar "Gerechtigkeit" auch ein wichtiges Wort im Wahlkampf. Auffallend war aber das Herausstreichen der Wirtschaftsfreundlichkeit seiner Partei. Er verstand es, die Gunst der Stunde zu nutzen und enttäuschten ehemaligen CDU-Wählern ein Angebot zu machen. Ohne den Abgang des langjährigen Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) und der Unbeliebtheit von dessen Nachfolger, Christoph Ahlhaus, hätte Scholz allerdings nicht so leichtes Spiel gehabt.
Und so gab sich der neue Hamburger Bürgermeister am Wahlabend bewusst zurückhaltend. Gerade hatte die erste Prognose des ZDF das Rekordergebnis von 50 Prozent verkündet. Anders als seine Anhänger und anders als die Genossen in Berlin präsentierte sich Scholz kein bisschen überschäumend-begeistert. "Das ist ein sehr, sehr beeindruckendes Wahlergebnis", sagte der Hamburger SPD-Chef ruhig. Er wolle dem Wunsch nach "seriöser Politik, die pragmatisch und verlässlich ist" entsprechen.
Etliche einstige CDU-Wähler hatten diesmal der SPD ihre Stimme gegeben, viele waren auch zuhause geblieben, manche wichen auf die Liberalen aus.
Merkel sieht Beust als Mitschuldigen
CDU-Chefin Angela Merkel sprach von einer "herben Niederlage" und machte dafür auch den vorzeitigen Amtsverzicht des früheren CDU-Bürgermeisters Ole von Beust verantwortlich.
Erstmals nach zehn Jahren ist wohl vor allem deshalb die FDP wieder in der Bürgerschaft vertreten. Der Bundesparteichef ist begeistert. Denn seit der Parlamentswahl im Herbst 2009 ist die FDP schrittweise abgestürzt. Zuletzt hätte sie laut Umfragen nicht einmal mehr den Einzug in den Bundestag geschafft. Einen "Auftakt nach Maß" nannte Guido Westerwelle das Hamburger Ergebnis mit Blick auf die kommenden sechs Landtagswahlen im laufenden Jahr.
"Wer Westerwelle gestärkt sieht, muss schon sehr viel Hamburger Astra Pils getrunken haben", befand dagegen der Parteichef der Grünen, Cem Özdemir. Für seine Partei, so der Schwabe Özdemir, hätte es jedenfalls "ein bissle mehr" sein können. Das eine Ziel - zuzulegen - habe man zwar geschafft, das andere - mit der SPD zu regieren - nicht. In der Oppositionsrolle wolle man nun den Sozialdemokraten auf die Finger schauen. Das hat auch die Linke vor, die mit 6,4 Prozent wieder in die Bürgerschaft eingezogen ist. Man werde die Wähler mit Olaf Scholz, "dem Mann der Agenda 2010" nicht allein lassen, erklärte die Bundesvorsitzende Gesine Lötzsch. Denn man sei schließlich für soziale Gerechtigkeit angetreten.