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Berlin - Bundeskanzler Gerhard Schröder und der SPD-Vorstand haben ihrem Innenminister Otto Schily im Streit mit der Bundesbeauftragten für die Stasi-Akten, Marianne Birthler, den Rücken gestärkt. Schily will seinen Streit mit Birthler aber im Einvernehmen beilegen.
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Jüngster Auslöser in dem seit Monaten schwelenden Streit war ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts in der Vorwoche, nach dem die Stasi-Abhörprotokolle über Altkanzler Helmut Kohl nicht veröffentlicht werden dürfen. Schily will durchsetzen, dass die Akten prominenter Stasi-Opfer generell unter Verschluss bleiben. Birthler hingegen will, dass die Akten, die Prominente und Personen der Zeitgeschichte betreffen weiterhin für Forschungszwecke und für Journalisten zugänglich bleiben sollen. Schily hatte Birthler in einem Ultimatum aufgefordert, bis Montag schriftlich zu bestätigen, dass generell keine Stasi-Papiere über Prominente mehr ohne deren Einwilligung herausgegeben werden. Er drohte Birthler im Fall des Zuwiderhandelns mit einer rechtsaufsichtlichen Regelung. Birthler, die sich im Urlaub befindet, beantwortete Schilys Schreiben nicht.
Schilys Haltung stieß sowohl bei Union und Grünen als auch bei Birthlers Vorgänger Joachim Gauck auf Widerspruch. CDU-Chefin Angela Merkel sprach von einer "quasi militärischen Anweisung Schilys". Gauck zeigte sich betroffen darüber, dass Schily eine solche Drohkulisse aufgebaut habe. Der ehemalige Stasi-Beauftragte rechnet auch damit, dass das Berufungsgericht die Berliner Entscheidung aufhebt und die bisherige Praxis bestätigt, nach der Stasi-Akten von prominenten eingesehen werden können. Gauck meinte auch, er könne sich nicht vorstellen, dass seine Behörde in der Vergangenheit widerrechtlich gehandelt habe.