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Schlechte Umfragewerte und linke Konkurrenz zwingen Beck zum Handeln. | Berlin. An diesem Montag hat SPD-Vorsitzender Kurt Beck (58) das politische Deutschland damit überrascht, dass er angab, die Zahl seiner Stellvertreter von fünf auf drei reduzieren zu wollen. Vorstand und Präsidium haben dem Vorschlag zugestimmt. Nun wird der Parteitag Ende Oktober entscheiden.
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Von den bisherigen Stellvertretern soll nur Peer Steinbrück (60) sein Amt behalten. Neu einrücken sollen Andrea Nahles (36) und - als größte Überraschung - Frank-Walter Steinmeier (51).
Die Länder der ehemaligen DDR stellen erstmalig keinen Stellvertreter. Ansonsten folgt die Besetzungsliste aber dem üblichen Proporz: links-rechts, Mann-Frau, alt-jung.
Peer Steinbrück, der 2005 als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen abgewählt worden war, geriet als Finanzminister in die größte Konjunkturwelle seit Jahren. Seither genießt der gelernte Diplom-Volkswirt anhaltende Popularität. Er gilt als Befürworter der Großen Koalition.
Nahles steht für links
Am anderen Ende des Spektrums steht Andrea Nahles, eloquente Vertreterin des linken SPD-Flügels und Gegnerin der Koalition mit den Christdemokraten. Die Doktorandin der Literaturwissenschaft war in den Neunziger-Jahren JUSO-Vorsitzende und leitete mit ihrer Kandidatur zur Generalsekretärin den Rücktritt Franz Münteferings ein. Das "Weltkind in der Mitten" ist Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Als einziger hat er sowohl einer rot-grünen als auch einer schwarz-roten Bundesregierung gedient. Bisher hatte er jedoch keinerlei Parteiposition inne. Andererseits erfreut sich der promovierte Jurist bester Umfragewerte. Nach Angela Merkel ist er der beliebteste deutsche Politiker.
Auslöser Bremen-Wahl
Die Umgestaltung der Parteiführung durch Kurt Beck hat mehrere Gründe. Auslöser war sicherlich die Bremen-Wahl vor elf Tagen. Zwar wird die zwölfjährige SPD-CDU-Zusammenarbeit in der Hansestadt voraussichtlich einer rot-grünen Konstellation weichen, doch hat die SPD in einer ihrer letzten Hochburgen nur noch 37 Prozent geholt, ihr zweitschlechtestes Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte.
Das entspricht auch dem Stimmungsbild auf Bundesebene, wo die SPD als Juniorpartner gut zehn Prozent hinter der Union liegt. Die bisherigen SPD-Spitzen - Bullerjahn, Dieckmann, Ferner, Vogt - kannte niemand, und sie trugen auch nichts zur Verbesserung der Situation bei. Ihre Ablösung wird also nicht allzu schmerzlich sein.
Der Stachel im Fleisch der SPD ist jedoch die neue Linkspartei, die in Bremen zum ersten Mal den Einzug in ein westdeutsches Landesparlament geschafft hat. Solange die SPD in eine Koalition mit den Christdemokraten eingespannt ist, bleibt für das Duo Lafontaine-Gysi ein politisches Feld links von der SPD frei. Ob dann der Verzicht auf einen Stellvertreter aus dem Osten so klug war, bleibt abzuwarten. Immerhin wurde dort die SPD von der Linken schon mehrfach auf Platz drei verwiesen.