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SPD will mit höheren Steuern für Reiche punkten

Von WZ-Korrespondentin Christine Zeiner

Politik

Nach wie vor dümpelt die SPD bei 24 bis 25 Prozent in den Umfragen.


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Berlin. Die Chancen, Kanzlerin Angela Merkel am 24. September zu schlagen, sollen auch mit einem endlich ausformulierten Wahlprogramm steigen. Stückchenweise präsentierten die Sozialdemokraten ihre Vorstellungen.

Details zu einem der wichtigsten Themen fehlten allerdings bisher: Was genau plant die SPD bei der Steuerpolitik?

Wenige Tage vor dem SPD-Sonderparteitag reichte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz dies nun am Montag in Berlin nach - und wurde sogleich mit einem kleinen Seitenhieb konfrontiert: Der frühere Kanzler Helmut Kohl von der CDU habe einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent für "gerecht" gehalten. "Warum traut sich die SPD so etwas heute nicht zu?", fragte der Journalist Dieter Wonka.

Bloß niemanden verschrecken

Martin Schulz antwortete zunächst nicht auf die Frage nach Kohl, sondern hob noch einmal die Segnungen des SPD-Steuerkonzepts hervor. Oder direkter gesagt: Schulz kam nicht zum Punkt. Schließlich kam er noch auf den am Freitag verstorbenen Altkanzler zu sprechen. Eine klare Antwort aber blieb Schulz dennoch schuldig. Kohl habe der rot-grünen Regierung 1998 ein Land mit Massenarbeitslosigkeit und einer stagnierenden Wirtschaft hinterlassen, sagte er. Erst die Maßnahmen von Rot-Grün hätten Deutschland mehr Wohlstand und wirtschaftlichen Aufschwung verschafft. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz war da erfrischend ehrlicher. Das Konzept sei "moderat und ausgewogen". Die SPD will also niemanden verschrecken.

Generell gelte, sagte Schulz: "Wer hart für sein Geld arbeitet, soll nicht schlechtergestellt werden als derjenige, der sein Geld für sich arbeiten lässt." Für kleinere und mittlere Einkommen sowie für Familien soll es jährlich insgesamt 15 Milliarden Euro an Entlastungen geben. Der Spitzensteuersatz für Singles soll von 54.000 auf 60.000 Euro angehoben werden. Denn wer derzeit 54.000 Euro pro Jahr verdient, bei dem greift schnell der Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Das soll sich unter der SPD ändern. Ein Spitzensteuersatz von 45 Prozent würde ab 76.200 Euro gelten, und ab 250.000 die sogenannte Reichensteuer. Für die unteren Einkommen sollen die Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung sinken.

"Deutschland ist ein starkes Land", aber die Bürger werden "sehr ungleich belastet", sagte Schulz. "Heute müssen häufig schon Facharbeiter den Spitzensteuersatz zahlen, aber internationale Konzerne entziehen sich durch Steuerflucht ihrer Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl." Von Steuersenkungen hätten etwa Alleinerziehende mit geringem Einkommen oft nichts, da sie schlicht keine Einkommenssteuer zahlen würden. "Dafür treffen sie Kindergartengebühren und Sozialabgaben umso härter", meinte Schulz und verwies auf das Vorhaben der SPD, 30 Milliarden Euro in Kindergärten, Schulen und Universitäten zu investieren. Ab dem Jahr 2035 sollen sämtliche Kindergartenplätze kostenlos angeboten werden.

Anders als noch beim letzten Bundestagswahlkampf ist heuer von einer Vermögenssteuer keine Rede, wenngleich diese im Grundsatzprogramm der Partei festgeschrieben ist. Vize-Parteichef Thorsten Schäfer-Gümbel hob dafür die Bedeutung der Erbschaftssteuer hervor. Diese solle "umfassend" reformiert werden. In der gegenwärtigen Regierung habe man "zum Teil unsere Vorstellungen nicht umsetzen" können.

Die Vorhaben der SPD sind laut Schulz nicht nur für Deutschland "gut, sondern für Europa". Denn geplant sei auch, eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer und von Mindeststeuersätzen in der EU einzuführen. Dafür sorge man für "Fairness" und verhindere "Dumping": Man schließe Lücken zwischen den nationalen Steuersystemen, die Konzerne zur Steuervermeidung nutzten.

Seit Jahren schon habe man im EU-Parlament für gemeinsame Regeln gekämpft. Man sei aber bei den Staats- und Regierungschefs nicht durchgedrungen, hatte Schulz am Wochenende der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt. "Was wollt ihr Europa-Fuzzis in Brüssel denn", habe man dann gehört. "Das entscheiden wir zuhause selbst, die Steuerpolitik ist eine nationale Angelegenheit. Das war immer auch die Haltung von Frau Merkel und Herrn Schäuble. Diese Position war Grundlage für die Steuerdeals zugunsten der Großkonzerne. Dagegen werde ich weiter von Dorfplatz zu Dorfplatz ziehen."