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Speedy-Obama verschafft sich mit Superagenda einen Ruf als Macher

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Jetzt ist Zahltag. In dem Moment als Barack Obama der neue Präsident der USA wurde, kamen auch alle Hoffnungen zu tragen, die in ihn gesetzt wurden. Übertriebene Erwartungen zur Lösung aller Probleme dieser Welt könnten Obama gleich zu Anfang entzaubern, dachten manche Analysten. Sie warnten davor, dass der große mediale Stichtag - das hunderttägige Amtsjubiläum - schneller auf Obama zukommen könnte, als ihm lieb ist und er dann ohne nennenswerte Bilanz dastehen könnte.


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Doch statt langsam zu versuchen, in Washingtons Wirrnissen Fuß zu fassen, legte Obama vom ersten Tag an ein Feuerwerk des Tatendrangs an den Tag: Die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo, Friedensgespräche in Nahost, direkte Gespräche mit dem Iran, Klimaschutz und mehr Transparenz in der Politik - mit einer Super-agenda gleich zu Beginn sorgte er für einen klaren Bruch mit der Politik seines Vorgängers George Bush (den er geschickterweise in seiner Angelobungsrede bauchpinselte und damit auch dessen Klientel).

Damit erweist sich Obama auch als Präsident als herausragender Stratege und macht, wie es scheint, derzeit alles richtig. Sogar im Streit um sein geplantes Konjunkturpaket deutet alles darauf hin, dass sich der Konsensualpolitiker darauf versteht, mit der republikanischen Opposition vorteilhaft zu verhandeln.

Natürlich muss Obama seine Initiativen erst einmal zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. Genauso wie ein Schachspieler nicht bereits gut ist, wenn er zehn Partien gleichzeitig spielt, sondern erst, wenn er davon auch wenigstens einige gewinnt.

Doch ist bereits Obamas Versuch, das zu ändern, was viele stört, und der Mut, Front gegen mächtige Lobbys zu machen, etwas, das ihm die Unterstützung der Massen erhält. Gleichzeitig wird er damit auch für Politiker aus aller Welt zu einem berechenbaren Gegenüber, bei dem man nicht fürchten muss, dass ausgehandelte Abkommen nach Intervention einer zahlungskräftigen Interessensgruppe über den Haufen geworfen werden.

Bei aller übertriebenen Erwartungshaltung und allem Skeptizismus Obama gegenüber, bleibt die Begeisterung des Großteils der Amerikaner und der Welt ein Faktum. Und allein mit dieser Euphorie und dieser Unterstützung im Rücken ist Obama dazu prädestiniert, das bestehende System zu ändern. Er kann Politik mit Leichtigkeit machen. Die umgekehrte Situation kennen wir von seinem Vorgänger George Bush, der seine liebe Müh und Not damit hatte, Politik gegen den Willen des Volkes durchzusetzen.

Eines ist jedenfalls so gut wie sicher: Wenn in 93 Tagen die Medien eine erste Bilanz über seine Amtszeit ziehen, wird Obama einiges vorzuweisen haben.

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