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Spekulationen vor dem Spekulationsbericht

Von Matthias Nagl

Politik
In Salzburg ist kein Ende der Spekulationen in Sicht.
© © Lydia Geissler - Fotolia.com

Finanzexperte Stefan Pichler warnt vor falschen Schlüssen aus Halbinformationen.


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Salzburg. Das Salzburger Spekulationskarussell dreht sich immer schneller. Die Rede ist ausnahmsweise nicht von den Finanzspekulationen, sondern quasi einem Derivat dieser Spekulationen, also einer Ableitung, nämlich den medialen Spekulationen über die Finanzspekulationen.

Die medialen Spekulationen sollen, geht es nach der Salzburger Landespolitik, am Mittwoch um 14 Uhr ein Ende haben. Da stellt Landeshauptfrau-Stellvertreter David Brenner im Finanzüberwachungsausschuss des Salzburger Landtages seinen Bericht zur Lage der Salzburger Landesfinanzen vor. Der Bericht enthält sämtliche Derivate und Wertpapiere des Landes und stellt sie den Aktiva des Landesbudgets gegenüber, hieß es aus dem Brenner-Büro.
<br style="font-weight: bold;" /> "Schatten-Portfolio"

Dann wird sich auch herausstellen, wer mit seiner Vermutung über die Landesfinanzen der offiziellen Version am nächsten gekommen ist. Der Dienstag brachte einen neuen Höchststand an gemutmaßten Spekulationen. Das Nachrichtenmagazin "Profil" berichtete in seiner Online-Ausgabe, dass jenes "Schatten-Portfolio", das die entlassene Leiterin der Budgetabteilung Monika R. außerhalb der offiziellen Buchhaltung geführt haben soll, im Jahr 2012 in Summe ein Volumen von 6,9 Milliarden Euro hatte.

Das übertrifft alle bisher aufgetauchten Zahlen bei weitem. Die Zeitschrift berichtet, dass in dem Portfolio auf 58 Seiten 245 Geschäfte mit 26 österreichischen und internationalen Banken aufgelistet seien, von Zinsabsicherungen und -optimierungen über Währungsspekulationen bis zu verschiedenen Wetten. Allein die Zinsabsicherungsgeschäfte hätten mit dem Stichtag 16. Oktober einen negativen Marktwert von 123 Millionen Euro gehabt, schreibt "Profil". Hochgerechnet auf die Restlaufzeit der Beträge drohe eine Belastung von rund 220 Millionen Euro.

Zinsswap

Stefan Pichler, Professor für Finanzwirtschaft an der Wiener Wirtschaftsuniversität, gibt sich von der "Wiener Zeitung" auf die neuesten Zahlen angesprochen zurückhaltend. "Ich kenne das Portfolio nicht. Um verlässliche Aussagen zu treffen, müsste man sich die Verträge genauer anschauen", sagt Pichler. Nur so viel: "Irgendwelche Nominalbeträge aufzuaddieren, ist sinnlos." Er untermauert das mit einem Beispiel: Vereinbart man bei einem Zinsswap, also einem Tauschgeschäft zwischen fixen und variablen Zinsen, etwa ein Volumen von einer Milliarde Euro, klingt das zunächst beeindruckend. Beträgt der fixe Zinssatz 1 Prozent und der variable 0,8 Prozent, fließen real jedoch nur 2 Millionen Euro. "Das ist zwar immer noch ein bissl ein Geld, aber bereits um den Faktor 500 weniger", erklärt Pichler. Auch die Marktbewertungen von Derivaten zu einem bestimmten Stichtag seien mit Vorsicht zu genießen. "Derivate schwanken relativ stark, plus 50 an einem Tag, minus 70 am nächsten ist keine Seltenheit", sagt Pichler.

Der Direktor des Salzburger Landesrechnungshofs Manfred Müller warnte am Dienstag aber ebenfalls vor einer vorzeitigen Entwarnung in Sachen Spekulationsverlusten. Ohne den Landtags-Bericht "können über die Auswirkungen der Finanzgeschäfte keine fundierten Bewertungen getroffen werden", sagte Müller. In den "Salzburger Nachrichten" vom gleichen Tag ließ er mit der Feststellung aufhorchen, dass die Variante ohne Verluste die wahrscheinlichste sei.