Generell gelten Anleihen als eine der sichersten Anlageklassen, aber in Zeiten instabiler Märkte will der Zeitpunkt für eine Investition in Anleihen gut überlegt sein.
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Im vergangenen Jahr flüchteten viele Anleger in Staatsanleihen, die seit langem als "sicherer Hafen" gelten. Der Grund: Staaten werden generell als Schuldner guter Bonität angesehen. Doch die Finanzkrise hat dieses Bild verzerrt. Die über die letzten Monate steigende Angst vor einer Depression und die fallenden Renditesätze, die diese Anlageform bietet, haben Staatsanleihen unattraktiv gemacht.
Die Anleger wenden sich jetzt Unternehmensanleihen zu, deren Rendite im Zuge der Finanzkrise durch die Risikoaufschläge (im Englischen "spreads" genannt) im Vergleich zu als risikofrei betrachteten Staatsanleihen deutlich gestiegen ist. Analysten meinen, dass darin viele mögliche Gefahren einer Anleiheninvestition bereits eingepreist sind.
"Die Risikoaufschläge waren in dieser Rezession noch viel höher als während des letzten Wirtschaftsabschwungs", sagt Valentin Hofstätter, Senior Analyst der Raiffeisen Zentralbank (RZB). Der Renditeanstieg sei nun jedoch zu Ende und habe sich teilweise sogar umgekehrt. Die Anleihenrenditen werden sich auf hohem Niveau einpendeln, so die Analysten.
Das mache Unternehmensanleihen attraktiv, denn die Renditeerwartung liegt deutlich über den prognostizierten Ausfallsraten, ist auch Pioneer Austria überzeugt. "Bei den derzeitigen Risikoaufschlägen müssten in den nächsten fünf Jahren 50 Prozent der Unternehmen mit geringer Bonität ausfallen, um Anleihen in diesem Bereich unattraktiv zu machen - und das ist unwahrscheinlich", erläutert Hofstätter.
Derzeit liegen die durchschnittlichen Renditeerwartungen für sogenannte "High-Yield"-Anleihen um rund 15 Prozentpunkte höher als jene von deutschen Bundesanleihen. Diese werden gemeinsam mit US-Staatsanleihen, "Treasuries" genannt, als Vergleichswert für die Darstellung des Risikozuschlages verwendet.
"High-Yield" - oft auch als "Junk Bonds", also "Schrottanleihen" bezeichnet - sind Anleihen von Firmen, die von den Ratingagenturen als weniger zuverlässig eingestuft wurden. Sowohl Standard & Poors, Moodys und Fitch verwenden für ihre Skala Buchstabenkombinationen, die von AAA (beste Bonität) bis D (zahlungsunfähig) reichen. Unternehmensanleihen, deren Emittenten mit Buchstabenkombinationen aus A oder B bewertet wurden, fallen unter die Kategorie "Investment-Grade", der Rest ist "High-Yield".
"Investment-Grade"-Anleihen bringen derzeit eine um etwa zehn Prozentpunkte höhere Rendite als die zum Vergleich herangezogenen Staatsanleihen - allerdings nur, wenn sie nicht aus dem Finanzbereich kommen. Anleihen von Banken und anderen Finanzdienstleistern, die Ende des vergangenen Jahres Rekordspitzen in ihren Risikoaufschlägen von 30 Prozentpunkten sahen, liegen immer noch bei Aufschlägen von knapp unter 20 Prozentpunkten.
Im Finanzbereich sieht die RZB weniger Attraktivität, aber ansonsten rät Hofstätter zur breiten Streuung in Unternehmensanleihen über alle Bonitätsstufen und Branchen. Laut Pioneer Austria erzielten Unternehmensanleihen außerhalb des Finanzbereiches seit Jahresbeginn eine Rendite von 7,2 Prozent - verglichen mit einer Rendite für Euro-Staatsanleihen von 0,3 Prozent.
Ein anderes Risiko einer Anleiheninvestition ist die Inflation, denn sowohl der fixe Zinssatz, den eine Anleihe typischerweise bietet, als auch die Rückzahlung der Investition nach Ablauf der Laufzeit (von wenigen Monaten bis zu Jahrzehnten je nach Festlegung durch den Aussteller) kann durch die Inflation entwertet werden. Aber Hofstätter sieht derzeit und auch mittelfristig "keine Inflationsgefahr in der Eurozone".