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Spekulationssteuer bei Kapitalbeteiligungen

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Wache Leser von Steuerkommentaren erkennen in dem Wort "grundsätzlich" stets ein blinkendes Warnsignal. Grundsätzlich beträgt die Spekulationssteuer-Frist beim Verkauf von privatem Wertpapierbesitz und anderem Privatvermögen (von Immobilien abgesehen) ein Jahr. Grundsätzlich gilt diese Frist auch für privat gehaltene GesmbH-Anteile oder Aktien. Grundsätzlich könnte also ein Jahr Wartezeit zwischen Anschaffung und Verkauf Steuerfreiheit bedeuten. Das blinkende Signal warnt: bei Beteiligungen kann es auch anders sein.


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Vor Urzeiten galten 25% als Besteuerungslimit. Nur wer an einer Kapitalgesellschaft in den letzten fünf Jahren zu mehr als einem Viertel beteiligt war und diese Beteiligung (oder einen Bruchteil davon) verkaufte, wurde mit dem Verkaufsgewinn einkommensteuerpflichtig - auch außerhalb der grundsätzlich einjährigen Spekulationsfrist.

Fünf Jahre und 1%

Ab 1989 verminderte man den gefährlichen Prozentsatz der Beteiligung auf "mehr als 10%". Seit 2001 - seit dem Inkrafttreten des Kapitalmarktoffensive-Gesetzes - hat man diesen Prozentsatz nun sogar auf 1% gestaucht. Im Gesetzestext: "Wenn der Verkäufer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt war, ist ein Veräußerungsgewinn einkommensteuerpflichtig".

Die Fünfjahre-Frist läuft - taggenau zu rechnen - vom Tag der Anschaffung der Beteiligung bis zum Tag ihrer Veräußerung oder Teilveräußerung, wobei es auf das Datum des Rechtsgeschäfts ankommt, nicht unbedingt auf das Zufließen des Veräußerungserlöses. Es ist auch unwesentlich, ob das veräußerte Paket inzwischen von Treuhändern gehalten bzw. nur von diesen verkauft wird. Wichtig ist: ein einziger Tag der Beteiligung an der GesmbH oder AG innerhalb der gefährlichen 5-Jahre-Periode genügt, um den Verkaufsgewinn steuerpflichtig zu machen und es muss nicht etwa der Tag der Veräußerung sein, sondern irgendwann in der Fünfer-Zeit.

Capital Gains

Der maximale steuerfreie Beteiligungsumfang rutscht also seit dem Vorjahr auf unter 1% des Nominalkapitals der Gesellschaft, praktisch von 0,99% abwärts - aber hier kommt natürlich wieder die "normale" Spekulationsfrist von einem Jahr ins Spiel.

Die neue steuerliche Strategie ist "Teil der steuerlichen Er-fassung von Capital Gains" heißt es dazu im Motivenbericht der Gesetzemacher: "Bei Beteiligungen, die auf keine breite Kapitalstreuung zurückgehen (also solche im Ausmaß von 1% und mehr), sollen Veräußerungsüberschüsse flächen-deckend versteuert werden". Und weiter: "Es gibt nämlich keine sachliche Rechtfertigung dafür, die mit einer solchen Veräußerung einhergehende Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steuerlich nicht zu berücksichtigen". Für plötzliche fiskalische Bedürfnisse gibt es indes immer eine sachliche Rechtfertigung.

Steuerpflicht zum Halbsatz

Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn leitet sich als Differenz zwischen dem (seinerzeitigen) Anschaffungspreis und dem nunmehrigen Veräußerungspreis des Beteiligungs-paketes her, wobei etwaige Veräußerungskosten noch Gewinn mindernd abgesetzt werden können. Für den Gewinn gibt es die Begünstigung des halben Steuersatzes, so dass die Besteuerung maximal bei 25% liegen kann. Ein Veräußerungsverlust ist nicht generell ausgleichsfähig sondern nur wieder mit im gleichen Jahr anfallenden Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungsverkäufen.

Probleme mit dem Anschaffungspreis und der 5-Jahre-Überschaufrist gibt es, wenn der Verkäufer die veräußerte Beteiligung durch Schenkung oder Erbschaft übernommen, also unentgeltlich erworben hat. In diesem Fall blickt der Fiskus zurück ins Leben des Rechtsvorgängers. Die Steuer-pflicht (beim Veräußerer) tritt nur dann ein, wenn der Ge-schenkgeber oder Erblasser das Beteiligungslimit von 1% innerhalb der letzten fünf Jahre (vor dem Verkauf durch den Geschenknehmer oder Erben) erreicht oder überschritten hat.

Aufwertungsoption

Die ziemlich überraschende steuerliche Verschlechterung der Beteiligungsveräußerung ab 2001 hat freilich viele Anteilsinhaber geschockt. Um Personen, "die auf die Kontinuität des Steuerrechts vertrauen, vorsorglich zu besänftigen" (O-Ton aus der Finanz), hat man deshalb im Gesetz eine Übergangsbegünstigung festgeschrieben. Sie besteht in einer "Aufwertungsoption".

Wer an seiner GesmbH, AG oder Genossenschaft in den Jahren 1998 bis 2000 nur bis höchstens 10% beteiligt war und die jetzt veräußerten Anteile schon vor 1998 besessen hat, darf anstelle der seinerzeitigen Anschaffungskosten den Verkehrswert zum 1.1.2001 heranziehen. Unter der Annahme, dass der inzwischen angewachsene Verkehrswert höher ist als der seinerzeitige Anschaffungswert der Anteile ermittelt sich ein geringerer Spekulationsgewinn und damit eine niedrigere Steuerbelastung.

In der steuerlichen Fachliteratur gibt es für diese Übergangs-lösung freilich Pro und Kontra. Vor allem wird darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Verschlechterung der Veräußerungsgewinn-Besteuerung einen Vertrauensbruch darstellt und in die privatvermögensrechtliche Dispositionsfreiheit eingreift. Dies werde durch die mildernde Aufwertungsoption nur halbherzig besänftigt, heißt es in Kreisen der Steuerberater.

Wegzugsbesteuerung

Ist es sinnvoll, Beteiligungspakete ins Ausland zu übersiedeln, um solcherart dem heimischen Fiskus zu entkommen? Das Steuergesetz hat auch gegen derlei Überlegungen Vorsorge getroffen und eine "Wegzugsbesteuerung" dekretiert. Bei Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland tritt die Steuerpflicht sofort ein, wobei an die Stelle des Veräußerungspreises der Verkehrswert treten muss. Da könnte höchstens ein gnädiges Doppelbesteuerungsabkommen den Steuerpflichtigen retten, wenn es die (vielleicht günstigere) Besteuerung dem neuen Wohnsitzstaat zuweist.