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Spekulationsverbot auf Schiene

Von Brigitte Pechar und Herbert Hutar

Politik

Wifo-Chef Aiginger für generelles Spekulationsverbot der Länder.


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Wien. Wie nennt man das, wenn Beamte glaubten, besser spekulieren zu können als Banken? Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Karl Aiginger, bezeichnete das am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten als "verhängnisvolle Selbstüberschätzung". Der Wifo-Chef sprach sich demzufolge auch für ein rigoroses Spekulationsverbot in Ländern und Gemeinden aus. "Es soll ein generelles Spekulationsverbot ausgesprochen werden, und die erlaubten Produkte müssten einzeln aufgezählt werden, zum Beispiel mündelsichere Anleihen, nicht die verbotenen Anlageformen."

Damit soll die Kreativität von Bankberatern gebremst werden, die sich Produkte ausdenken, die eben gerade nicht verboten und trotzdem riskant sind. Mehr Spielraum würde er dem Bund einräumen. Spekulationen auf Länderbeamtenebene seien aber zum Scheitern verurteilt. Wenn Länder und Gemeinden Überschüsse erzielten, so müssten sie damit Schulden zurückzahlen und nicht spekulieren, forderte Aiginger.

Regierung verhandelt

mit Opposition

Ganz so weit gehen die Verhandlungen über ein Spekulationsverbot nicht. Zwar wurden Spekulationsrichtlinien für die Länder bereits in einer Bund-Länder-Vereinbarung fixiert, sollten aber zusätzlich noch mit strengeren Rahmenbedingungen in die Verfassung gepackt werden. Dazu braucht die Koalition die Stimmen von FPÖ oder Grünen oder jene von BZÖ und Team Stronach zusammen. Heute, Dienstag, ist eine Verhandlungsrunde dazu angesagt. Am Mittwoch schon könnte das Spekulationsverbot dann im Nationalrat beschlossen werden.

Eine Einigung mit der Opposition scheint sehr wahrscheinlich - immerhin hat es dazu schon in der Vorwoche ein Agreement gegeben. Die Koalitionsparteien haben der Opposition bereits vergangenen Donnerstag einen Text überreicht, der die Forderungspunkte der Koalition abbildet. Sollte das in der heutigen Verhandlungsrunde bestätigt werden, könnte das Spekulationsverbot nachträglich auf die Tagesordnung des Nationalrats gesetzt werden. Das wurde in der Präsidiale ausdrücklich vereinbart.

Neues Haushaltsrecht für Länder und Gemeinden

Laut Vereinbarungen zwischen Regierung und Opposition soll es für Länder und Gemeinden ein neues Haushaltsrecht geben, das bis 2020 umgesetzt werden soll. Da habe man sich mit der Opposition sogar schon auf eine Formulierung geeinigt, erklärte SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Die zweite Forderung der Opposition war eine genauere Regelung der sogenannten risikoaversen Veranlagung. Da habe man, so Krainer, der Opposition vorgeschlagen, dass die Richtlinien für die Bundesfinanzierungsagentur (Öbfa) als Mindestmaß auch für Länder und Gemeinden gelten sollen. Denn in der 15a-Vereinbarung mit den Ländern ist das so geregelt, dass die Länder für sich selbst definieren, was ein Risiko ist - allerdings muss diese Regelung von einem Komitee genehmigt werden. Diese Eigendefinition des Risikos durch die Länder wollte die Opposition so nicht akzeptieren. Daher kam in der Vorwoche der Regierungsvorschlag, die Öbfa-Richtlinien als Mindestmaß festzulegen. "Es muss natürlich sichergestellt sein, dass Länder und Gemeinden nicht so agieren können wie die Öbfa", betonte Krainer. Daher auch die Formulierung "als Mindestmaß". Andererseits aber müssten Wien oder Graz oder größere Bundesländer andere Risikomaßstäbe haben als kleine Gemeinden und kleine Bundesländer. Es wäre nun möglich, dieses Mindestmaß der Öbfa-Richtlinien in einer Verordnung der Finanzministerin festzulegen - nach Anhörung der Länder.

Diese zwei Punkte habe man bereits in der Vorwoche mit der Opposition geklärt, es gebe dazu sogar ein schriftliches Papier. "Nachforderungen der Opposition" könne er sich daher nicht vorstellen, betonte Krainer. Auch nicht, wenn in manchen Ländern gewisse Vorbehalte dagegen laut würden.

Bewertungsspielregeln notwendig

Was das neue Haushaltsrecht für Länder und Gemeinden betrifft, wird es noch sehr viel Gesprächsbedarf geben. Denn darin müssten dann auch die Vermögenswerte enthalten sein. Und das wiederum ist eine heikle Angelegenheit. Denn wie sollen etwa die Wiener Gemeindewohnungen bewertet werden? Mindestens vier Möglichkeiten gebe es, meinte Krainer: nach dem Ertragswert - etwa wie viel damit in den nächsten zehn Jahren damit verdient wird, was gleich null wäre -, nach dem Einheitswert, nach den Errichtungskosten inklusive Abschreibung oder durch Bewertung von Gutachtern. Man müsse daher Bewertungsspielregeln erarbeiten, denn es könne nicht eine Gemeinde so, die andere anders bewerten.

Krainer gibt aber auch zu bedenken, dass nicht jede kleine Gemeinde eine so umfassende Haushaltsführung zu machen brauche wie etwa Graz. Es gebe ja auch Unterschiede bei der Bilanzerstellung von kleinen und großen Unternehmen. Da sei auch zu überlegen, ob nicht für Gemeinden ein eigenes Gemeindehaushaltsrecht entwickelt werde müssen, sagte Krainer. Wichtig sei aber, dass es eine Verzahnung mit dem Haushaltsrecht des Bundes gebe.