Wer als Führungskraft in wirtschaftlich und politisch instabilen Ländern Geschäftskontinuität gewährleisten will, muss Entwicklungen richtig analysieren und sich anbahnende Konflikte entschärfen können. Dazu sind Kenntnisse nötig, die bei einer herkömmlichen Managerfortbildung nicht vermittelt werden. Welcher Techniken sich das internationale Krisenmanagement bedient, soll ein an der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) eingeführter Nachdiplomstudiengang höchsten Führungskräften der Wirtschaft vor Augen führen.
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Der auf 18 Monate berufsbegleitend angelegte Kurs am "Center for Security Studies" (CSS) der vor 150 Jahren gegründeten Hochschule darf in seiner Art nicht nur in der Schweiz, sondern wohl in ganz Europa als Novum betrachtet werden: Erstmals beteiligen sich Verwaltung und Privatwirtschaft gemeinsam an einem Bildungsgang über strategische Risiken und Bedrohungen, internationale und nationale Sicherheitspolitik, sowie "Grand Strategy".
Wie der CSS-Leiter und Inhaber der ETHZ-Professur für Sicherheitspolitik, Andreas Wenger, betont, sei das ungewöhnlich, da Sicherheitsbelange nach wie vor eine stark ausgeprägte nationale Komponente besäßen und daher im Dunstkreis der Armeeführungen verblieben. "Sicherheitskrisen lassen sich jedoch heute besser lösen, wenn man sie interdisziplinär versteht", fügt er hinzu. Ein erweiterter Sicherheitsbegriff, der auch Risiken nichtmilitärischer Natur mit einschließe, fordere auch von der Privatwirtschaft Lösungsansätze, die außerhalb der üblichen Management-Ausbildung liegen.
Durch den "offen angelegten" Studiengang verspricht sich Wenger nicht nur die Resonanz Schweizer Berufsoffiziere, die sich für eine höhere Laufbahn qualifizieren, er ist davon überzeugt, dass sein Angebot auch auf die Bedürfnisse von Politik und Wirtschaft, vor allem Versicherungen und Kreditinstituten, zugeschnitten ist. Regen Zuspruch erfreue sich an seinem Institut ein bereits eingeführter Bachelor-Kurs in "Public Policy", den mittlerweile alle Schweizer Berufsoffiziere belegen. "Über den militärischen Kreis wollen wir künftig hinausgehen", sagt Wenger.
Zu den ausländischen Teilnehmern des ersten Kurses, der im November in Zürich beginnt, zählen Mitarbeiter einer deutschen Großbank, der Bundeswehr und des österreichischen Bundesheeres. Damit die Gruppe klein und überschaubar bleibt, ließ das Institut für den ersten Zyklus 25 Teilnehmer zu. Als Arbeitssprachen dienen Deutsch und Englisch, dessen Beherrschung, so Wenger, "auf exzellentem Niveau" nachgewiesen werden müsse. Grundlage für eine Bewerbung ist ein anerkannter Hochschulabschluss oder ein gleichwertiger Bildungsstand und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung auf Führungsstufe. Insgesamt sind für den Kurs 1.800 Arbeitsstunden veranschlagt, die Gebühren belaufen sich auf 60.000 Franken.
Als Master-Studium angelegt, schließt der Zyklus mit der Verleihung des Titels "Master of Advanced Studies ETH in Security Policy and Crisis Management" (MAS ETH SPCM) ab. Neben dem Schweizer Ministerium für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) beteiligt sich die Armee sowie die ETH-Forschungsstelle "Center for comparative and international Studies" an der Lehrplangestaltung.
Bilden Führungs- und Managementprobleme, neue Risiken und Gefahren in einer zunehmend globalisierten Welt den Inhalt der ersten vier Blöcke, beschäftigen sich die Teilnehmer während eines Aufenthalts am Londoner King's College mit Aspekten der nationalen Sicherheit und Zivilschutz, Rüstungstechnologie, Militärdoktrin und Friedensoperationen.
Nach der betreuten Masterarbeit, für die drei Monate vorgesehen sind, und mündlichen Prüfungen verlagert sich das Geschehen in das Innerschweizer Armeeausbildungszentrum nach Luzern. Dort macht man sich mit Techniken des Krisenmanagements anhand von Simulationen und Fallstudien vertraut. Großes Gewicht misst Andreas Wenger in der Fortbildung der internationalen Friedensförderung bei, zivile Schritte der Konfliktbeilegung übernehmen seinen Worten zufolge eine wichtige Rolle. Damit hofft der Professor für Sicherheitspolitik, vor allem die Außenministerien für seinen Qualifizierungskurs zu gewinnen.
Bisher habe man solche Studiengänge nur an speziellen Instituten in den Vereinigten Staaten belegen können, gibt Wenger zu bedenken und wertet den berufsbegleitenden Charakter als großen Trumpf.
Informationen:
Center for Security Studies
Seilergraben 45 - 49
CH-8092 Zürich
http://www.css.ethz.ch, http://www.isn.ethz.ch