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Spiel mit den Schreckensszenarien

Von Stefan Meisterle

Wirtschaft
Die Märkte implodieren, Banken werden geschlossen. Sollte eine oder mehrere Thesen der Saxo Bank für das Jahr 2012 wider Erwarten eintreffen, stehen Europa umwälzende Entwicklungen ins Haus.
© Bilderbox.at

Massenverstaatlichung der Banken und Entstehung einer Neuen EU skizziert.


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Wien/Kopenhagen. Die Märkte kollabieren, EU-Politiker fassen den Beschluss, alle Banken für eine Woche oder länger zu schließen. Eine Zusammenkunft aller europäischen Staatschefs wird einberufen, die - vergleichbar mit dem vatikanischen Konklave - ein "Neues Europa" aus der Taufe heben soll. Der Interbankenmarkt friert ein, es kommt zu Runs auf die Banken. 50 Finanzinstitute müssen verstaatlicht werden, etliche weitere verschwinden. Willkommen im Jahr 2012. Klingt unerhört? Das soll es auch. Denn die zum zehnten Mal veröffentlichten zehn "Outrageous Predictions" (dt.: skandalösen Thesen) der dänischen Saxo Bank erheben nicht den Anspruch, wahrscheinlich zu sein. Sie  sollen vielmehr den Blick für das Unerwartete schärfen. Und lagen damit in der Vergangenheit nicht immer ganz daneben.

Bei den "Outrageous Predictions" konzentriere sich die Saxo Bank nach den Worten von Chefökonom Steen Jakobsen auf "Ereignisse, die unwahrscheinlich sind, aber vielleicht dennoch viel wahrscheinlicher sind, als der Markt glaubt." "Die  Outrageous Predictions sind nicht als echte Prognosen und schon gar nicht als Vorhersagen gedacht", hält Jakobsen im Vorwort des Papiers fest.

Einzelne Treffer schließt das freilich nicht aus. Im vergangenen Jahr lehnte man sich beispielsweise bei einem prophezeiten Goldpreis von über 1800 Dollar weit aus dem Fenster - behielt dabei aber Recht. Für das Jahr 2012 wird nichts weniger als "Der perfekte Sturm" zur Debatte gestellt. Neben Bank Runs, Bankenverstaatlichung wird dabei unter anderem auch eine Verdoppelung des Weizenpreises, eine Rezession in Australien und ein Fall der Aktienkurse Apples um 50 Prozent skizziert. Im Kern aber stehen die Thesen zur weiteren Entwicklung der europäischen Währungskrise.

"Neues Europa"
So schildert das Thesenpapier, dass sich die Beschlüsse vom vergangenen EU-Gipfel als unzureichend erweisen werden. Gegen Mitte des Jahres 2012 wird die Schuldenkrise mit aller Macht zurückkehren, Europas Aktienmärkte geben um 25 Prozent nach, EU-Politiker lassen Banken schließen. Das "Neue Europa" wird - unter Missachtung geltender EU-Verträge" ausgerufen, die "Zeitbombe öffentlicher Schulden" wird entschärft. Zu welchen Kosten, lässt die These freilich offen.

Bereits ab Jahresanfang wird sich der Druck auf das europäische Bankensystem, so prohphezeit eine andere der zehn Thesen, aufgrund Finanzmarktregulierungen und Basel III-Anforderungen so stark erhöht haben, dass Anleger aber auch Banken ihr wechselseitiges Vertrauen verlieren. "Der einzige Ausweg aus dieser Situation ist die Verstaatlichung", denkt Thomas Berggren, Equity Analyst das Szenario weiter. Rund 50 Banken wären betroffen, viele weitere würden die Krise nicht überdauern.

Prognosen, die für das neue Jahr kaum optimistisch stimmen können. Und genau das sei beabsichtigt, betont Jakobsen. Die Prognosen wären bewusst pessimistisch gehalten, um unbeachtete und unwahrscheinliche Ereignisse ins Bild zu rücken. Der Chefökonom hält aber zugleich fest: "Sollte eine, zwei oder drei unserer unerhörten Prognosen eintreffen, würde das 2012 zu einem Jahr enormen Wandels machen."