Zum Hauptinhalt springen

Spindelegger will alternative Gasversorgung

Von WZ Online

Politik

Heftige Kritik an Bohunice. | Wien. Außenminister Michael Spindelegger (V) hat sich am Sonntag in der ORF-Pressestunde für eine "Diversität" in der Gasversorgung ausgesprochen. In punkto Energiesicherheit dürfe man sich nicht "auf einen Staat " verlassen. "Wir dürfen nicht so verletzlich sein", so der Chefdiplomat. Auch die EU solle ihr Verhältnis zu Russland "aktualisieren". Spindelegger erwartet in der aktuellen Gas-Krise in den nächsten Tagen eine Entspannung. Der Gas-Fluss könne in den nächsten Stunden aufgebaut werden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Vertrag von Lissabon beinhaltet laut Spindelegger auch Neubestimmungen betreffend der europäischen Energiepolitik, damit Europa in drohenden Krisensituationen "eher Vorsorge treffen" könne. Schritte in Richtung erneurbarer Energie könnten die Abhängigkeit reduzieren.

Spindelegger meinte weiter, er sehe eine "Notwendigkeit die Nabucco-Pipeline zu verwirklichen". Er sei auch angesichts der hohen Kosten für den Bau der Pipeline zuversichtlich, um auch von "anderen Räumen wie zum Beispiel Aserbaidschan" Energie-Ressourcen erschließen zu können.

Bezüglich eines OMV-Abkommens mit dem Iran zeigte Spindelegger große Skepsis. Die derzeitige Lage sei "nicht dazu angetan, Verträge abzuschließen". Es sei gut, damit abzuwarten. Die politische Hürde könne nur genommen werden, wenn es mit dem Iran "normale Beziehungen" gebe. Das erwartet Spindelegger in den nächsten Tagen oder Wochen aber nicht.

Gaza-Krieg: Druck auf Konflikparteien erhöhen

Spindelegger zeigte sich "enttäuscht", dass das "klare Signal des UNO-Sicherheitsrats von Israel und der Hamas nicht gehört" worden sei. "Der UNO-Sicherheitsrat hat kein Instrumentarium, dass Zwangsverordnungen von Frieden vorsieht", sagte Spindelegger, der vor einem "verhängnisvollen Flächenbrand in der Region" warnte. Der "Druck" auf beide Seiten gehöre erhöht. Beide Seiten müssten sich nach der Ansicht Spindeleggers entgegenkommen. Noch bestehe aber "kein Einsehen" der Konfliktparteien. Spindelegger setzt dabei stark auf die ägyptische Initiative. Wenn es eine abgestimmte Aktion der Weltgemeinschaft gebe, schloss Spindelegger nicht aus, dass auch Österreich einen friedenssichernden Beitrag in der Region leiste.

Lob für Tschechien

Tschechien werde den EU-Ratsvorsitz mit "eigenen Akzenten" und "Professionalität" meistern. Ein "Absacken" nach der französischen Präsidentschaft, die Spindelegger als "ausgezeichnet" lobte, befürchtet der Außenminister nicht. Er habe dem tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg die Unterstützung Österreichs für den tschechischen Vorsitz zugesichert. Sein Treffen mit dem tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus am Freitag in Prag bezeichnete Spindelegger als "amüsant". Er habe den Eindruck, Klaus wolle kein "Störfaktor" der EU sein. Klaus sehe die Probleme klar.

Von dem neuen US-Präsidenten Barack Obama erwartet Spindelegger nach eigenen Worten "viel". "Friedensinitiativen und einen guten Dialog mit Europa" nannte der Minister exemplarisch.

Bezüglich der EU-Skepsis in Österreich plant Spindelegger nach eigenen Angaben eine "Zuhör-Tour" in den Bundesländern, bei der es gelte, die Ursache "mit professionellen Mitteln" zu erkunden. Er wolle sich dieser "Skepsis stellen" und Maßnahmen vorschlagen. EU-Kommissare ins österreichische Parlament einzuladen hält Spindelegger "nach wie vor für eine gute Option". Diskussionen um die Posten der EU-Kommissare und eine etwaige Nachbesetzung von EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner etwa durch den früheren Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) stellten sich "derzeit nicht als Thema". Für die im Juni anstehenden Europa-Wahlen gebe es viele mögliche Gesichter, etwa den ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Othmar Karas. Wenn der Name von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) als möglicher EU-Außenminister erwähnt werde, könne man stolz sein.

Kritik an slowakischer Atompolitik

Die Gefährlichkeit des Atomreaktors in Jaslovske Bohunice dürfe "nicht unterschätzt werden". Das meinte Außenminister Michael Spindelegger (V) am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Er sei über die geplante Wiederinbetriebnahme des Reaktors V1 der slowakischen Regierung nicht informiert gewesen. Die von der Slowakei proklamierte Notlage müsse überprüft werden. Der Reaktor sei "nicht von ungefähr (auf EU-Geheiß) abgeschaltet" worden, so der Außenminister. Jede Vertragsverletzung der Slowakei gegenüber der EU sei zu "ahnden".

In Gesprächen mit der Europäischen Kommission und auch bilateral gelte es nun, die Lage zu erörtern, so der Chefdiplomat. Der slowakische Reaktor sei von der "Bauart Tschernobyls". Österreich bleibe bei seiner Position, nicht auf Atomenergie zu setzen. Die Frage der Endlagerung von Atommüll sei nicht geklärt, die Gefahr dadurch könne "später schlagend" werden. Aber jedes Land könne in Bezug auf die friedliche Nutzung der Kernenergie agieren, wie es ihm richtig erscheint.

Auch die Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima (S) übte Kritik am der Wiederinbetriebnahme des Reaktors. Als "völlig inakzeptabel und unverantwortlich" bezeichnet Sima das Hochfahren des Reaktors in einer Aussendung am Sonntag. "Bohunice ist definitiv ein Hochrisiko-Reaktor und liegt nur 100 km nordöstlich von Wien entfernt. Ein Zwischenfall hätte dramatische Auswirkungen auch auf Österreich", so Sima. Das erneute Hochfahren des abgeschalteten Reaktors sei ein "glatter Bruch des EU-Vertrags".

BZÖ-Energiesprecher Rainer Widmann hat die Bundesregierung aufgefordert, "alle erdenklichen Gegenmaßnahmen" gegen die Wiederinbetriebnahme des slowakischen "Pannenreaktors" Bohunice einzuleiten. Sie solle "sofort den slowakischen Botschafter ins Außenamt zitieren und ihm klarmachen, dass Österreich eine solche unverantwortliche Vorgangsweise gegen die Sicherheit unserer Bevölkerung nicht akzeptieren kann und wird", forderte Widmann am Sonntag in einer Aussendung.

Scharfe Kritik an der Inbetriebnahme des AKW Bohunice hat auch FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache geübt, der die Bundesregierung aufforderte, unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Die Schließung Bohunices sei eine der Grundbedingungen für den slowakischen EU-Beitritt gewesen, betonte Strache am Sonntag in einer Aussendung. Für Strache ist die Wiederinbetriebnahme des Reaktors aber auch ein "bestürzendes Zeichen" dafür, dass sich die Atomkraftlobby in Europa mittlerweile offenbar sicher genug fühle, sich "kaltschnäuzig über geltendes Recht hinwegzusetzen".

"Eine Wiederinbetriebnahme des unsicheren Reaktors Bohunice kann nicht akzeptiert werden", kritisierte Umweltminister Nikolaus Berlakovich (V). "In einer Gemeinschaft müssen Verträge halten. Die Abschaltung war für uns eine der wesentlichen Beitrittsbedingungen (der Slowakei zur EU) und kann nun nicht einfach ausgehebelt werden. Jetzt ist die Europäische Kommission am Zug, die Einhaltung des Beitrittsvertrages energisch einzufordern", erklärte Berlakovich am Sonntag.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig legte ebenfalls Protest gegen die von der slowakischen Regierung beschlossene Wiederinbetriebnahme des Reaktors V1 am Standort Bohunice ein. "Der Reaktor gilt als einer der drei gefährlichsten Atomkraftwerke Europas. Diesen jetzt wieder in Betrieb zu nehmen, stellt eine große Gefahr für die Menschen nicht nur im angrenzenden Österreich dar", so Glawischnig.

Die österreichische Bundesregierung müsse jetzt "zu einer ganzen Reihe von Atomprojekten eindeutig ablehnend Stellung beziehen". "Die Gaskrise darf nicht dazu führen, bereits schrottreife Reaktoren unter dem Vorwand der Strom-Not wieder in Betrieb zu nehmen oder die Risikotechnologie Atomkraft zu pushen. Das ist ein Spiel mit dem Feuer", warnte Glawischnig.