Neues Team spätestens am 28. April. | Personaländerungen geplant. | Wien. Die ÖVP hat einen neuen Obmann und wird in absehbarer Zeit wohl weitere Umbauten erleben. Außenminister Michael Spindelegger wurde am Donnerstag im Vorstand der Volkspartei einstimmig zum neuen Parteichef gekürt und wird außerdem Vizekanzler. Offen ist vorerst, wer dem scheidenden Josef Pröll als Finanzminister nachfolgen will. | Michael Spindelegger, der 15. Obmann der ÖVP | Spindelegger, der freundliche Schwarze | Opposition reagiert abwartend | Was wird aus wem in der Volkspartei? | Josef Pröll kehrt der Politik den Rücken
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Spindelegger kündigte an, bis zum nächsten Nationalratsplenum, das heißt, nach Ostern, sein Team präsentieren zu wollen. Da wird offenbar gröber umgebaut: Er sprach von einer "Reihe von Veränderungen" in der ÖVP insgesamt. Auch eine inhaltliche Erneuerung strebt er an.
Knapp eineinhalb Stunden dauerte die Vorstandssitzung, Spindelegger war indes dem Vernehmen nach bereits vorher ausgemachte Sache. Er selbst bezeichnete seine Aufgabe nach erfolgter Bestellung als "großen Auftrag": Er habe sich für diese Position "nicht gemeldet" und habe das nicht angestrebt. Die einstimmige Entscheidung für ihn sehe er als Vorschusslorbeeren. Der 51-jährige Niederösterreicher ist ab sofort geschäftsführender Parteiobmann der ÖVP. Er soll am 20. Mai beim ursprünglich als Programmkongress geplanten Parteitag von den Delegierten offiziell zum Parteiobmann, und zwar zum insgesamt 15. seit 1945, gekürt werden.
Wer kommt als Finanzminister?
Vorerst offen gelassen wurde am Donnerstag die Nachbesetzung von Josef Pröll als Finanzminister. Spindelegger solle sich sein Team selbst zusammenstellen, hieß es in diesem Zusammenhang. Der neue Parteichef möchte sich dafür noch ein wenig Zeit nehmen. Zum nächsten Nationalratsplenum - das für 28. April angesetzt ist - werde er sein Team präsentieren.
Damit ist munteren Spekulationen über die Zukunft maßgeblicher ÖVP-Köpfe Tür und Tor geöffnet. Dem Vernehmen nach könnte Finanz-Staatssekretär Reinhold Lopatka aus der Regierung ausscheiden und möglicherweise in den Nationalrat wechseln. Dort würde er das Mandat von Bildungssprecher Werner Amon übernehmen. Parteiintern wird auch gemutmaßt, dass Klub-Chef Karlheinz Kopf seinen Posten verlieren könnte, auch der Sessel von Generalsekretär Fritz Kaltenegger dürfte wackeln.
Als mögliche Finanzminister wurden zuletzt der niederösterreichische Landesrat Stephan Pernkopf - der dies als "Gerücht bezeichnet" - ebenso ventiliert wie Innenministerin Maria Fekter oder Stephan Koren zuletzt Vizechef der BAWAG-P.S.K.
Zu berücksichtigen gilt es indes wie immer bei ÖVP-Personalia die Struktur der Volkspartei: Bünde und Landesorganisationen geben auch diesmal den Ton an. Die Bestellung des Niederösterreichers Spindeleggers wird als Erfolg des dortigen Landesparteiobmanns Erwin Pröll gewertet. Dieser zeigte sich denn auch am Donnerstag "sehr zufrieden", sah aber "keine Frage des Durchsetzens", sondern einer vernünftigen Diskussion.
Erneuerung geplant
Zudem steht mit Spindelegger nun wieder ein Vertreter des Arbeitnehmerbunds ÖAAB an der Parteispitze. Prompt wurden Abkommen mit dem Bauernbund kolportiert, wonach dieser für die Zustimmung zu Spindelegger einen zweiten Ministerposten - neben Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich - erhalten soll. Spindelegger selbst wollte sich zu Personalfragen nicht äußern. "Ich werde das möglichst rasch entscheiden". Er werde innerhalb der ÖVP einen Erneuerungsprozess einleiten und "gute Persönlichkeiten ins Regierungsteam holen".
Von "seinen" Länderchefs wurde Spindelegger mit deutlichen Vertrauensbekundungen willkommen geheißen. Über die große "Einigkeit" freuten sich etwa Günther Platter, Herbert Sausgruber, sowie die Landesparteichefs Hermann Schützenhöfer und Wilfried Haslauer. Der oberösterreichische Parteichef Josef Pühringer lobte ihn als "seriösen Arbeiter".
Schwarzer Jubel über Spindelegger
Der neue ÖVP-Obmann ist am Donnerstag von allen Teilorganisationen der Volkspartei gefeiert worden. Dass der ÖAAB, Spindeleggers Heimat in der Partei, dessen Kür begrüßte, überraschte wenig. Aber auch der Bauernbund, dem mit Josef Pröll ja ein Vertreter an der Parteispitze abhandenkam, bekundete demonstrativ Freude. Denn Spindelegger sei Vertreter der Arbeitnehmer, und diese wiederum seien als "Konsumenten die natürlichen Verbündeten der Bauern", so Bauernbund-Präsident Franz Grillitsch.
Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner, derzeit selbst Gegenstand der schwarzen Personalspekulationen, gratulierte Spindelegger ebenso wie die Junge ÖVP und die ÖVP-Frauen.
Etwas kryptisch las sich schließlich die Reaktion von Seniorenbund-Obmann Andreas Khol: Er erwartet sich vom Team Spindelegger, Reinhold Mitterlehner (derzeit Wirtschaftsminister) und Maria Fekter (derzeit Innenministerin) ein "glänzendes neues Dreigestirn an der Spitze der ÖVP". Der Obmann wolle damit unterstreichen, dass Mitterlehner und Fekter künftig wesentlich als Unterstützung des neuen Parteichefs sein würden, hieß es auf Nachfrage im Seniorenbund.
Faymann begrüßt Entscheidung
Bundeskanzler Werner Faymann spendete seinem neuen Vize freundliche Worte. "Ich begrüße die heutige Entscheidung des Koalitionspartners, Minister Michael Spindelegger zum Parteiobmann und Vizekanzler zu designieren", erklärte er. Er sei "überzeugt davon, dass mit Michael Spindelegger der konstruktive Kurs in der Bundesregierung im Interesse des Landes fortgesetzt wird und dass wir die kommenden Aufgaben gemeinsam bewältigen werden". (APA)
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