Ein völlig Unbekannter wird neuer schwarzer Generalsekretär.
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Wien. ÖVP-Chef Michael Spindelegger ist nicht zu beneiden. Die SPÖ sträubt sich in den Koalitionsverhandlungen gegen Reformen, der eigene Bauernbund gegen eine Kürzung der Förderungen und obendrein gilt es eine ganze Reihe an Personalentscheidungen zu treffen. Sollte es zu einer Neuauflage von Rot-Schwarz kommen, wird es zumindest bei den Schwarzen einige Personalrochaden geben. Ambitionen gibt es diesbezüglich viele, aber wirklich aufdrängen tut sich keiner. Darüber hinaus muss Spindelegger aber auch vorzeitig einen Ersatz für Generalsekretär Hannes Rauch finden, der am Mittwoch seinen Rücktritt für Jahresende angekündigt hat.
Laut "Presse" und "Kurier" soll der öffentlich bislang weitgehend unbekannte Gernot Blümel neuer ÖVP-General werden. Der 32-jährige Niederösterreicher ist seit 2011 Kabinettsmitarbeiter von Spindelegger (zuständig für Ministerratskoordinierung und Regierungsarbeit) und in derselben Studentenverbindung wie der Vizekanzler. Aus ÖVP-Kreisen wird diese Variante mehr oder weniger bestätigt - nicht ohne auf den Hinweis zu verzichten, dass es eine reine Notlösung sei.
Zuvor haben nämlich zwei Wunschkandidaten Spindeleggers bereits abgewunken. So soll der Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich, Gerhard Karner, Spindelegger ebenso einen Korb gegeben haben, wie Michael Kloibmüller. Der Kabinettschef von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erklärte am Donnerstag: "Ich stehe weder zur Verfügung noch zur Diskussion."
Einen zwingenden Kandidaten für die Rauch-Nachfolge gab es nicht. Die Partei habe dazu personalmäßig einfach "nichts aufgebaut", beklagt ein Funktionär gegenüber der "Wiener Zeitung". Mangels logischer Kandidaten wurden also reihenweise Namen ins Spiel gebracht, etwa der des ÖVP-Klubdirektors Martin Falb. Gerüchtehalber war sogar Michaela Steinacker im Gespräch - zumindest für den Fall einer Doppelspitze im Generalsekretariat. Allerdings würde der Raiffeisen-Bankerin und Neo-Abgeordneten jegliche politische Erfahrung fehlen. Als chancenlos galt hingegen der ÖVP-Personalentwickler Lukas Mandl. Er soll vor allem mit der niederösterreichischen ÖVP überkreuz sein, weshalb er auch als ÖAAB-Generalsekretär (Chefin des Bundes ist die Erwin-Pröll-Intima Johanna Mikl-Leitner) abmontiert worden sein soll. Selbst ein Revival von Reinhold Lopatka (Generalsekretär von 2004 bis 2007) hielten einige für möglich, auch wenn Lopatka als Klubobmann gehandelt wird und selbst Ambitionen auf den Außenminister sein soll: "Der Lopatka ist der loyalste Mensch. Der wird das nehmen, wo man ihn hinsetzt."
Das Kurz- und Frauenproblem
All diese Überlegungen dürften sich aber erübrigen. Blümel soll heute, Freitag, im Bundesparteivorstand vorgestellt werden. Damit hätte Spindelegger zumindest eine Personalie erledigt. Stellt sich noch die Frage der Ministerposten, sollte er mit SPÖ-Chef Werner Faymann handelseins werden. Spindelegger selbst will das Finanzministerium und könnte als Staatssekretär seinen Kabinettschef Jochen Danninger installieren. Wer ihm dann als Außenminister folgt, ist höchst spannend. Neben Lopatka werden etwa auch Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl gehandelt.
Gerade Kurz stellt ein gewisses Problem dar: Er gilt als heißeste Aktie der ÖVP, ein Ministerium ist quasi Pflicht. Ob allerdings ein 27-jähriger Außenminister im Ausland so gut ankommt, ist fraglich. Ein "Zukunfts-Ministerium" mit Integration und Familie scheint wenig attraktiv (zumal ein Verbleib von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle immer wahrscheinlicher wird, weshalb dessen Materie nicht ins Zukunfts-Ministerium ginge).
Als fixe Ablösekandidaten gelten Nikolaus Berlakovich (Landwirtschaft), Maria Fekter (Finanz) und Beatrix Karl (Justiz). Mit den Abgängen von Fekter und Karl könnte Spindelegger ein Frauenproblem bekommen. Daher werden etwa der EU-Abgeordneten Elisabeth Köstinger gute Chancen auf das Landwirtschaftsministerium eingeräumt. Allerdings soll Spindelegger mit Köstinger nicht allzu gut können, weil sie zu eng mit EU-Delegationsleiter Othmar Karas verbunden sei. "Karas ist für Spindelegger ein Reizwort", so ein Insider. Trotzdem soll Karas heute als Spitzenkandidat für die EU-Wahl 2014 präsentiert werden. Den Wahlkampf soll sein eigenes Team machen und nicht die Bundes-ÖVP - damit wäre Neo-General Blümel eine schwere Aufgabe abgenommen.
Im Streit ums Agrarbudget warnte der ÖVP-Bauernbund am Donnerstag die Parteispitze, bei einseitiger Belastung der Bauern werde man dem Koalitionsabkommen nicht zustimmen.