)
4000 Mediziner könnten kündigen. | Experten warnen vor Kollaps des Gesundheitswesens.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bratislava. Schon länger hatten sie damit gedroht. Seit Mitte vergangener Woche quittieren die Ärzte in slowakischen staatlichen Spitälern nun in Scharen den Dienst. Insgesamt könnten bis Oktober rund 4000 Mediziner in 51 Spitälern kündigen, wobei die größte Abwanderung an Universitätskliniken droht. Die Ärzte wollen mehr verdienen als im Schnitt rund 3000 Euro brutto im Monat und zugleich Gesundheitsminister Ivan Uhliarik davon abbringen, die Spitäler zu privatisieren.
Ab 1. Jänner sollen diese nämlich zu Aktiengesellschaften werden und um Patienten konkurrieren. So will Uhliarik das Gesundheitssystem vor einem Kollaps bewahren. Der könnte aber mit dem Massenexodus der Ärzte viel schneller als erwartet kommen.
In dieser Situation wirkt der christdemokratische Politiker vor allem hilflos. "Sie können die Patienten doch nicht aus finanziellen Gründen im Stich lassen", appellierte er an die Mediziner. Als Reaktion auf ihren drohenden Weggang bot er an, die Aufsichtsräte der Spitalsaktiengesellschaften könnten alsbald, spätestens bis Mitte September gewählt werden.
Auch sonst sind Uhliariks Reaktionen eher spärlich. Er wolle doch nur Ordnung schaffen, um die im Gesundheitswesen schlummernden Milliarden endlich effektiv zu nutzen. Und immerhin habe das Kabinett 350 Millionen Euro zur Entschuldung der Krankenhäuser bewilligt und ihnen Schulden in Höhe von 150 Millionen Euro erlassen. Nun müssten die Bedingungen für Patienten und Ärzte verbessert werden.
Wie dies allerdings geschehen soll, sagt der Minister nicht. Und genau damit erregt er den Zorn der Ärzte. Er werde nicht untätig auf den Zusammenbruch des staatlichen Gesundheitswesens warten, ließ sich etwa der Bratislavaer Anästhesiologe Jan Sykora in slowakischen Medien zitieren, der als einer der Ersten kündigte.
Ein Problem, woanders unterzukommen, ob in Tschechien oder in anderen Ländern, sehen die Mediziner nicht, zumal die meisten von ihnen schon seit Jahren von spezialisierten Headhuntern aus dem Ausland umworben werden. Ein älterer Arzt berichtet, dass gerade einmal zwei seiner früheren Kommilitonen noch in der Slowakei tätig seien. Um das Wohl der Patienten müsse man sich im Übrigen nicht wirklich sorgen, da hochqualifizierte Ärzte aus Ländern mit deutlich niedrigeren Löhnen, etwa der benachbarten Ukraine, längst auf dem Sprung in die Slowakei seien.