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Sie sind Herren über mehrere hundert Millionen Euro, Chefs von 50 und mehr Mitarbeitern und sie fühlen sich unterbezahlt: die Bürgermeister. (siehe Leitartikel vom vergangenen Samstag)
Und die sind unterbezahlt. Die unterbezahlte Spitze eines Eisberges; Anführer eines Heeres von miserabel bis gar nicht entlohnten
Ehrenamtsträgern, die Demokratie dort hoch halten sollen, wo sie von den
Menschen direkt gefühlt wird. In der Gemeinde.
Der Gemeinderat ist der eigentliche Chef der Gemeinde. Er vertritt den Souverän, das Gemeindevolk. Der Gemeinderat beschließt, was der Bürgermeister ausführen soll. Und der Gemeinderat kontrolliert, was der
Bürgermeister ausführt.
In der Theorie zumindest.
Der Gemeinderat besteht aus Mitgliedern, die äußerst gering bezahlt werden (rund 400 Euro im Jahr), Funktionsträger (Vorsitzende der
Fraktionen oder der Ausschüsse) etwas mehr. Bei wirklichem Engagement wiegt diese Bezahlung die meist anhergehende Vernachlässigung des eigentlichen Berufes nicht einmal ansatzweise auf. Zudem hat sich ein System der kollektiven Generosität eingeschlichen: wegen des Geldes macht man das ja nicht - daher kassiert das Geld die Partei. Die organisiert davon Sommerfestln, was ja immer noch mehr Stimmen einbringt, als solide politische Arbeit.
Das System delegitimiert sich also von innen.
Und wird dadurch reif zum Beschuss von außen. Da die Aufsichtsbehörde (Land - Bezirkshauptmannschaft) mit ihren Fachbeamten ohnedies das letzte Wort hat, gibt man ihnen auch gleich das erste. Die Ausschüsse werden dem Gemeinderat nur empfehlen, was der Fachbeamte für richtig erachtet; geprüft wird dann, was der Fachbeamte Richtiges empfohlen hat.
Letztlich sind es diese Fachbeamten, die Entscheidungen dadurch
treffen, dass überforderte Vertreter der politischen Entscheidungsebene
vorausschauend deren Ergebnisse antizipieren. Es läuft nach dem System des geringsten Widerstandes.
Politische Entscheidungen zu treffen ist in diesem System nicht drinnen: die Verwaltung muss sich an eine "ständige Rechtssprechung" halten, eine andere Rechtsanschauung durchzusetzen ist auf Grund des mangelnden
Sachverstandes schwierig und scheitert letztlich am fehlenden politischen
Willen komplexe Fragen durch einen anderen als den gewohnten Instanzenzug zu tragen.
Es bleibt also ein System der Zirkelschlüsse, dem seit rund einem Jahrzehnt hochkapitalistische Instrumente wie Outsourcing angehängt
werden, was sich ungefähr so gut verträgt, wie ein Superwohnwagen der von einem Moped gezogen wird.
Auch dann schwierig, wenn - ach so moderne - Finanzinstrumente als Treibstoff verwendet werden.