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Spitzel sind keine Journalisten

Von Christina Böck

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Es ist ein aufsehenerregender Prozess, der derzeit in Großbritannien vonstatten geht. Immerhin ist es das erste Mal seit mehr als 130 Jahren, dass ein Mitglied der Königsfamilie vor Gericht aussagt. Prinz Harry, der sich von seiner Familie effektbeladen verabschiedet hat, klagt den "Mirror"-Verlag auf Schadenersatz, weil er von diesem bespitzelt worden sein soll. Konkret geht es um den Vorwurf, Nachrichten auf seiner Mailbox abgehört zu haben.

Es ist aber auch ein schizophrener Prozess. Denn schon zu Beginn hat sich die "Mirror"-Gruppe dafür entschuldigt, dass sie Harry bespitzelt hat - um ihn nun im Kreuzverhör von ihrem Anwalt "grillen" und ihm in reichlich perfider Umdrehung vorwerfen zu lassen, er würde sich - angedeutet: aus Publicity- oder auch Geldgeilheit - freuen, wenn er tatsächlich abgehört worden wäre. Das ist eine Doppelmühle - bei der Antwort darauf kann man nur verlieren.

Tatsächlich ist die Praktik der Bespitzelung von Prominenten in der britischen Yellow Press ein probates Mittel, schon 2009 flog auf, dass "The Sun" und "News of the World" dies bei Politikern und Schauspielern getan hatten. Hugh Grant bekam von der nun wieder beschuldigten "Mirror"-Gruppe eine hohe Entschädigung wegen solchen Vorgehens.

Das hat mit Journalismus freilich nichts zu tun, es ist bösartiges Eindringen in die Privatsphäre. Denjenigen, mit dem man so etwas gemacht hat, im Zeugenstand auch noch lächerlich zu machen, ist erbärmlich.