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Hahn: Fremdprüfer vor dem AHS-Eintritt. | 10 Prozent weniger Magistrats-Personal. | "Stenzel ist Jeanne dArc des Bezirks." | "Wiener Zeitung":Was spricht gegen ein verpflichtendes Kindergarten-Jahr für alle? Damit würde doch der Bürokratie-Aufwand, der durch Sprachtests und Sanktionen entsteht, wegfallen.
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Johannes Hahn: Wenn man das letzte Kindergartenjahr für alle verpflichtend macht, muss man es auch gratis anbieten. Kindergarten ist aber Landessache. Und wir haben uns auf das Grundprinzip der Freiwilligkeit geeignet. Jene, deren Kinder bestens auf die Schule vorbereitet sind, müssen diese auch nicht in den Kindergarten schicken. Für die anderen gilt die Verpflichtung.
Wäre ein Gratis-Kindergartenjahr nicht ein höherer Anreiz gewesen?
Nicht alles, was gratis ist, ist automatisch ein Anreiz. Diejenigen, die von der neuen Verpflichtung betroffen sind, sind meist jene, für die der Kindergarten gratis bzw. sozial gestaffelt ist.
Zur Hauptschule: Hätten nicht viel früher die Alarmglocken läuten müssen, dass hier in Wien ein ganzer Schultyp wegbricht?
Manche Dinge entwickeln sich schleichend. Die Abschaffung der AHS-Aufnahmeprüfung hat sicher dazu beigetragen. In vielen Bezirken haben Volksschüler keine aussagekräftigen Zeugnisse. Die Begabung verteilt sich meist gleichmäßig, daher ist es sonderbar, wenn in Hietzing oder Döbling 80 Prozent in die AHS gehen. Hier muss man sicher Schlüsse ziehen.
Wären Aufnahmetests für die AHS denkbar?
Nein, Aufnahmetests nicht. Das Problem ist, dass jeder Schüler bis zur mündlichen Matura immer von dem benotet wird, der die Sache beibringt. Das heißt, jeder Lehrer beurteilt sich immer auch selbst. Man sollte daher darüber nachdenken, ob bei wichtigen Prüfungen die Beurteilung durch andere Pädagogen erfolgt - so etwas halte ich für interessant, weil ich eine Objektivierung erreiche.
Welche Prüfungen konkret?
Ich kann mir den Übergang vom Primärin den Sekundärbereich, also zwischen Volksschule und AHS, gut vorstellen. Denn es gibt viele Fälle, wo Eltern in der 4. Klasse Volksschule Lehrer um lauter Einser bitten, damit das Kind ins Gymnasium gehen darf - und sich die Lehrer dem nicht verschließen. Daher gibt es Konstellationen, die nicht aussagekräftig sind.
Sollten auch Bildungsstandards eingeführt werden?
Wir sollten für jedes Alter definieren, was adäquate Wissensstandards sind. Das müsste dann für Eltern im Internet einsehbar sein.
Mit Bildungsstandards müsste es aber auch zu einem fachlich differenzierten Schulsystem kommen.
Man muss stärker auf die Schiene der Fähigkeiten und Fertigkeiten des Einzelnen kommen. Das Basiswissen ist derzeit sehr hoch - mit dem Phänomen, dass jeder für Prüfungen lernt und es dann wieder vergisst. Es ist doch skurril, dass es in der Hauptschule Leistungsgruppen gibt, in der AHS aber nicht. Es sollte daher in der AHS Leistungsdifferenzierungen geben, etwa dass ein Sprachbegabter in der 3. Klasse eine zweite Fremdsprache erlernt.
Das ultimative Ziel der Wiener ÖVP muss doch lauten, einen Nicht-SPÖ-Bürgermeister zu stellen. Worauf gründet sich Ihr Optimismus, dass das jemals gelingt?
Der Eiserne Vorhang ist auch gefallen, obwohl das knapp davor niemand für möglich gehalten hat. Faktum ist, dass Wien im Wettbewerb mit anderen Städten steht, aber in vielen Bereichen viel zu langsam agiert und schwere Versäumnisse zutage treten. Strukturelle Probleme im Budget werden sich definitiv negativ auf den Sozial- und Pflegebereich auswirken.
Der rote Wohlfahrtsstaat geht dem Ende zu?
Die Sozialisten haben eine Philosophie des Additiven - sie versuchen immer, zum Bestehenden etwas dazuzugeben. Heute erkennen wir, dass es Grenzen gibt. Das ist eine große Herausforderung - doch von der SPÖ gibt es nur Lippenbekenntnisse.
Was wäre Ihre Lösung?
Wir brauchen viel mehr Pflege im ambulanten Bereich; tagesklinische Strukturen gehören aufgebaut und der Akutspital-Bereich besser organisiert. Mit gutem Willen ist einiges auf die Beine zu stellen. Aber leider waren in den letzten sieben Jahren genauso viele Gesundheitsstadträte im Amt wie in 41 Jahren davor.
Nach Wissenschaftsminister wäre Bürgermeister Hahn der logische Karriereschritt?
Es geht nicht darum, ob Hahn Bürgermeister wird. Sondern darum, dass es dieser Stadt gut tut - wie jedem System, das durch Jahrzehnte von einer Partei absolut regiert wird - wenn es einen Wechsel gibt.
Um an die Macht zu kommen, müssten Sie eine Koalition eingehen. Wer wäre Ihr erster Ansprechpartner - Grün, Blau oder beide?
Zuerst brauchen wir ein Wahlergebnis, bei dem die SPÖ nachhaltig und endgültig von der absoluten Mehrheit befreit wird. Immer nur zu buhlen, wer der SPÖ-Juniorpartner ist, kann nicht der finale Ansatz einer Oppositionspolitik sein.
Wie könnte man die Verwaltung effizienter machen?
I ch bin kein Privatisierungsfetischist um des Privatisierens willen. Man muss Magistratsbereiche so organisieren, dass sie nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ablaufen. Dann könnten wir uns die saftigen Gebührenerhöhungen sparen. Man muss sich vorstellen: Wir haben die Stipendien erhöht - aber das wird für Wiener Studenten durch die Verteuerungen locker aufgefressen.
Wie viel Prozent des Verwaltungspersonals könnte eingespart werden?
In der Spitalsversorgung kann man sicher niemanden einsparen, man müsste aber Umschichtungen vornehmen. Etwa aus dem stationären in den Pflegebereich. Wie weit in der Hoheitsverwaltung generell Potenzial ist, ist schwer zu beurteilen. Minus zehn Prozent sind für Manager in Unternehmen immer drin - das gilt auch für Wien.
Was spricht gegen ein Minarett in der Innenstadt?
Grundsätzlich spricht nichts dagegen. Was nicht zu leugnen ist, sind Probleme mit der Integration, die an Symbolen im öffentlichen Raum sichtbar werden. Es gibt Ghettobildungen - aber ich habe den Eindruck, dass die SPÖ sogar darauf hinarbeitet. In der Annahme, dass es bei einer strikten Trennung keine Zores gibt. Aber dadurch kommen die Zores erst recht .
Die nervigste Bezirksvorsteherin Wiens ist . . .?
Wenn Sie Ursula Stenzel meinen - also mich nervt sie nicht! In der Artikulierung mancher Probleme mag sie vielleicht übertreiben, hat aber nicht Unrecht. Ursula Stenzel ist die Jeanne dArc des Bezirks.