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SPÖ-Hochschulpolitik: Quo vadis?

Von Hans Pechar

Gastkommentare
© © Foto: Foto Wilke / Foto Wilke

Nach langen Jahren gibt es jetzt Grund zur Hoffnung, dass es innerhalb der österreichischen Sozialdemokratie zu einem Kurswechsel in der Universitätspolitik kommt.


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Es herrscht dicke Luft in der Wiener Löwelstraße. Die Wissenschaftssprecherin der SPÖ, Andrea Kuntzl, die die hochschulpolitischen Ladenhüter ihrer Partei mit eiserner Faust verteidigt, kommt auch aus den eigenen Reihen unter Beschuss. Parteiinterne Kritik am offenen Hochschulzugang ist nichts Neues, aber bisher verpuffte sie. Es gibt Grund zur Hoffnung, dass diese Kritik nun zu einem Kurswechsel führen könnte.

Schon 2003 meinte der damalige Wissenschaftssprecher Josef Broukal, dass "nicht jeder Student das Recht auf ein beliebiges Studium" habe. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller forderte mehrfach eine - mit dem offenen Zugang unvereinbare - Finanzierung der Unis auf Basis von Studienplätzen. Und 2009, auf dem Höhepunkt der Audimaxistischen Jux-Revolte, sprach sich Kanzler Werner Faymann für Zugangsbeschränkungen in den Massenfächern aus. Aber immer noch hat die Parteilinie blitzschnell ihren sklerotischen Zeigefinger erhoben und die Abweichler mundtot gemacht.

Diese langen Jahre, in denen jeder vernunftbegabte SPÖ-Politiker wusste, dass der offene Zugang zu unlösbaren Problemen führt, es der Partei aber an der Kraft zur programmatischen Neuorientierung fehlte, haben den Universitäten schweren Schaden zugefügt. Aber in dieser Zeit ist auch das Selbstbewusstsein der heimischen Rektoren gewachsen, die nun nicht mehr bloß als Bittsteller gegenüber der Regierung auftreten. Der Rektor der Wirtschaftsuniversität klagt die Republik wegen Nichteinhaltung der Leistungsvereinbarung. Der Rektor der Uni Wien kündigt die Streichung von Studienangeboten an, sollte die Regierung am derzeitigen Budgetkurs festhalten. All das kann eine Partei, die den Regierungschef stellt, nicht ganz kalt lassen.

Auch in der Hochschulpolitik kann die SPÖ nicht länger agieren, wie eine studentische Splittergruppe auf Selbsterfahrungstrip. Sie sollte sich jener Phase besinnen, in der die Sozialdemokratie eine wichtige Rolle bei der Erneuerung der Universitäten gespielt hat. Mitte der 1960er Jahre erschien ein von Parteiintellektuellen verfasster Sammelband mit dem Titel "Österreich - geistige Provinz?", zu dem der jetzige Bundespräsident eine fulminante Kritik der konservativen Stagnation der Universitäten jener Tage beitrug. In den 1970er Jahren stellte die SPÖ-Regierung dann die Weichen für eine soziale und intellektuelle Öffnung der österreichischen Hochschulen.

Damals hat der offene Hochschulzugang geholfen, die dringend notwendige Expansion der Universitäten anzustoßen. Aber diese Politik ist nicht geeignet, um die Hochschulexpansion auf dem derzeitigen Niveau fortzuführen. Es ist nun die SPÖ, die eine Hochschulpolitik des geistigen Provinzialismus betreibt. Dürfen wir hoffen, dass sie sich davon verabschiedet und auf die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts einstellt?

Hans Pechar leitet das Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung an der Universität Klagenfurt.