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SPÖ holt Job-Politik vor den Vorhang

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Arbeitslose: Bonus für Qualifizierung wird ausgeweitet. | Hinter den Kulissen startet Feilen an der Lehrlingsförderung. | Wien. Sozialminister Rudolf Hundstorfer soll offenbar nicht nur den Arbeitsmarkt vor den Folgen der Wirtschaftskrise schützen, sondern auch helfen, die SPÖ nach den jüngsten Wahlniederlagen wieder auf die Siegerstraße zu führen. Kurzerhand wurde am Mittwoch die Präsentation der Arbeitsmarktzahlen für September um einen Tag vorgezogen und ins Bundeskanzleramt verlegt. Kanzler und SPÖ-Parteichef Werner Faymann nutzte diese Gelegenheit, um an der Seite des - bei den Sozialdemokraten als Hoffnungsträger geltenden - Ministers wirtschaftspolitischen Tatendrang zu demonstrieren.


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In Österreich gebe es den geringsten Anstieg bei der Arbeitslosigkeit in Europa, so Faymann vor Journalisten. Er sei damit aber trotzdem nicht zu frieden. Das "Minimum" sei, eine Ausbildungsgarantie für Jugendliche sicherzustellen, meint der Kanzler.

Um Lehrstellensuchende aufzufangen, die keinen Ausbildungsplatz in einem Unternehmen finden, sind für das Ausbildungsjahr 2009/2010 rund 12.300 Plätze in überbetrieblichen Lehrwerkstätten vorgesehen. Dies sind deutlich weniger als jene 17.000 Plätzen, die die Vorgängerregierung im Jänner 2008 mit den Sozialpartnern ins Auge gefasst hat. Hundstorfer geht jedoch davon aus, dass - trotz Krise - der Bedarf mehr als gedeckt sei.

Mehr Lehr-Betriebe?

Laut Sozialministerium lag die Zahl der - von Unternehmen aufgenommenen - Lehrlinge im ersten Lehrjahr Ende August mit 32.526 um 13,1 Prozent unter dem Vorjahreswert. Hundstorfer verteidigt zwar das - noch vor den Wirtschaftsturbulenzen - im Jahr 2008 umgestellte System der Lehrlingsförderung als "krisentauglich", dennoch schrillen bei den zuständigen Stellen die Alarmglocken.

Im Förderausschuss, in dem Sozialpartner sowie Wirtschafts- und Sozialministerium vertreten sind, denkt man seit Mitte September über Veränderungen bei den Förderregeln nach. Möglich wäre, Förderschwellen für neu oder wieder ausbildende Betriebe zu senken und hier finanzielle Anreize zu setzen. Das nötige Geld könne problemlos innerhalb des Förderbudgets umgeschichtet werden, heißt es aus mit der Angelegenheit vertrauten Kreisen. Allerdings scheint Fingerspitzengefühl angesagt, da Kritiker schon jetzt vor wenig zielgerichteter "Gießkannenförderung" warnen.

Bereits beschlossen ist hingegen, dass der Qualifizierungsbonus, den Bezieher von Arbeitslosengeld für Weiterbildungsmaßnahmen lukrieren können, ausgeweitet wird. Seit September können unter anderem auch Teilnehmer von Arbeitsstiftungen die monatliche Zusatzzahlung von - je nach Dauer der Ausbildung - 100 oder 200 Euro erhalten. Ab 2010 werden darüber hinaus Fortbildungsmaßnahmen unterstützt, die nicht über das AMS organisiert sind.

"Höhere Nettoersatzrate"

Entscheidend ist, dass die Qualifikation die Chancen des Betroffenen am Arbeitsmarkt erhöht. Die Kosten von 25 Mio. Euro trägt das AMS über Umschichtungen im laufenden Budget. Laut Faymann soll so die real ausbezahlte Nettoersatzrate von 61 Prozent des Einkommens vor der Arbeitslosigkeit auf 70 Prozent angehoben werden. Sein Ziel, dadurch die Weiterbildung in kurzarbeitenden Betrieben anzukurbeln, dürfte der Kanzler damit allerdings nicht erreichen. Hier wären nämlich die Unternehmen gefordert, Maßnahmen zu organisieren. Hundstorfer will nun aufklärend auf Dienstgeber und Arbeitnehmer einwirken.

Tücken der Statistik

Einen guten Vorsatz konnte der Bundeskanzler bei der Präsentation der vorläufigen Arbeitslosenzahlen am Mittwoch nicht unmittelbar einlösen: Anders als schwarz-blaue Regierungen wolle er in der Statistik nichts verstecken, so Faymann. Allerdings fehlte in der verteilten Präsentation erst wieder der Hinweis auf jene 68.000 Arbeitslosen, die an AMS-Schulungen teilnehmen und deshalb nicht den rund 233.000 Job-Suchenden zugerechnet werden. Hundstorfer musste die Zahl mündlich nachliefern.

Der Anstieg bei den vorgemerkten Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahr beträgt 28 Prozent. Gegenüber dem Vormonat ist zwar ein Rückgang zu verzeichnen, nun dürfte die Arbeitslosigkeit saisonal bedingt jedoch wieder steigen. Hundstorfer rechnet für das Frühjahr 2010 mit einer "großen Herausforderung".