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SPÖ liebäugelt mit Veto gegen Krsko - Angst vor FPÖ treibt seltsame Blüten

Von Katharina Schmidt

Analysen

Die Debatte weckt Erinnerungen an das Jahr 2002. Die Landesgruppen Wien, Nieder- und Oberösterreich der damaligen Regierungspartei FPÖ initiierten ein Volksbegehren mit dem klingenden Namen "Veto gegen Temelin". Ziel war ein Veto gegen den tschechischen EU-Beitritt, sollte das grenznahe Atomkraftwerk nicht abgeschaltet werden. Das Volksbegehren war recht erfolgreich: Mit 915.000 Unterstützern landete es auf Platz sechs aller Initiativen - und katapultierte die FPÖ in den Umfragen nach oben.


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Ein Schelm, wer nun denkt, der SPÖ gehe es in Sachen Krsko vielleicht auch um die Umfragewerte. Aber der Reihe nach: Die Sozialdemokraten, die damals das Anti-Temelin-Volksbegehren nicht unterstützt haben, zeigen derzeit durchaus Sympathien für ein Veto gegen den EU-Beitritt Kroatiens, sollte das umstrittene Kraftwerk Krsko nicht abgedreht werden. So war es zunächst die Kärntner SPÖ, die eine entsprechende Resolution im Landtag eingebracht hat. Dann sprachen sich Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter und Umweltsprecherin Petra Bayr für ein Veto aus - der eine im Privatfernsehen, die andere im ORF-Radio. Beide ruderten kurz darauf in Presseaussendungen zurück.

Dieses wunderliche Hin und Her lässt zwei Schlüsse zu: Es könnte sich um kommunikative Irrtümer gehandelt haben - oder aber um PR-taktisches Kalkül. Denn im Vergleich zu mehr oder minder reichweitenstarken Medien werden Presseaussendungen für gewöhnlich von kaum jemandem beachtet. Sprich: Viele Menschen haben die Botschaft mitbekommen, dass die SPÖ ein Veto gegen Krsko andenkt, aber nur wenige, dass sie es angeblich doch nicht tut.

Der Zeitpunkt für einen derartigen Schachzug ist perfekt gewählt: Im Lichte der Katastrophe von Fuku shima ist der Ruf nach einem Ausstieg der Nachbarländer aus der Kernenergie quasi das öffentlichkeitswirksame Gebot der Stunde. Andererseits ist die EU-Erweiterungsskepsis mit der Angst vor der Ostöffnung des Arbeitsmarkts am 1. Mai wohl wieder einmal auf einem Höhepunkt.

Mit dem Gedankenspiel über ein Veto gegen Krsko verknüpfen die Sozialdemokraten beide Aspekte - ungeachtet dessen, was real dabei herauskommt, macht man damit parteitaktisch der FPÖ Konkurrenz.

Laut einer aktuellen Umfrage liegt Letztere derzeit in der Wählergunst auf Platz eins - ein bisschen Populismus kann da nicht schaden, denken sich wohl die Parteistrategen. Die ÖVP verzichtet in dieser Frage auf laute Töne, die derzeit führungslose Partei hat momentan ohnehin ganz andere Probleme - Stichwort Korruption.

Der Rückenwind für die Blauen hat viel mit der unentschlossenen Haltung der Koalitionsparteien in zentralen politischen Fragen zu tun. Es rächt sich, wenn Regierungsparteien unrealistische Erwartungen wecken. Darin ist die Opposition unschlagbar, sie muss dafür auch nicht beim Wähler geradestehen.