Mit einem Appell an den Bundeskanzler, sein Gesprächsangebot anzunehmen, und einem Bekenntnis zum Umlageverfahren hat SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer gestern im Rahmen der Enquete der Generationen in der Wiener Millenniums-City das SPÖ-Modell "Fairness-Pension" der Öffentlichkeit präsentiert. Bisher Benachteiligte sollen die Gewinner, bisher Privilegierte die Verlierer sein.
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"Wir wollen das Umlageverfahren erhalten und an eine neue Zeit anpassen" - diese Anpassung, wie sie das Pensionskonto-Modell vorsieht, sei "fair, gerecht und sicher", betonte Gusenbauer. Zu beseitigen gebe es "vier Ungerechtigkeiten": Die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen - die Durchschnittspension liege derzeit bei 1.420 Euro bzw. 761 Euro -, die Unterschiede zwischen den Pensionssystemen, der unterschiedlich hohe staatliche Zuschuss zu den verschiedenen Pensionsversicherungsanstalten sowie die Heranziehung der besten 15 Jahre, was eine Benachteiligung von Arbeitern gegenüber Angestellten bedeute.
Das SPÖ-Modell, dem eine lebenslange Durchrechnung zugrunde liegt, orientiert sich an den bereits bekannten Eckpunkten 45 Beitragsjahre, Pensionsalter 65, 80 Prozent Nettoersatzrate und an der Harmonisierung der verschiedenen Pensionssysteme. Die Hackler-Regelung soll bleiben.
35 ist das entscheidene Alter: Lediglich Über-35jährige erhalten ihre bisher erworbenen Ansprüche ins Pensionskonto gutgeschrieben. Der Übergang ins neue System sei gleitend bis 2034.
Einräumen musste Gusenbauer, dass es auch bei seinem Modell zu einer Verringerung der Pensionen kommen werde - im Jahr 2035 würde die Durchschnittspension dann um 10 Prozent geringer ausfallen. Höchstpensionen sollen einen zehnprozentigen Solidarbeitrag von dem Betrag, der über der ASVG-Höchstpension liegt, leisten. Dies betreffe derzeit
7 Prozent der PensionistInnen. Bis zum Jahr 2020 könnten damit insgesamt 5 Mrd. Euro in einem Pensionssicherungsfonds lukriert werden. Das Einsparungspotenzial des Modell bezifferte Gusenbauer mit 2,5 Mrd. im Jahr 2020, 3 Mrd. 2025 und 3,5 Mrd. Euro im Jahr 2030.
Bis 2010 soll es für FrühpensionistInnen keine Abschläge geben. Der SPÖ-Chef begründete dies mit der Arbeitsmarktlage. Zu Abschlägen komme es dann, "sobald der Arbeitsmarkt positive Rahmenbedingungen für die älteren Arbeitnehmer bietet", heißt es im Modell.
Die wesentlichen Punkte des SPÖ-Modells:
- Ab 2004 einheitliches System mit Pensionskonto
- Alle Über-35jährigen behalten ihre alten Ansprüche. Alle weiteren Pensionszeiten, die nach 2004 erworben werden, sollen nach dem neuen System berechnet werden
- 30 Jahre Übergangszeit
- Lebensdurchrechnung
- Nach 45 Versicherungsjahren (Frauen 40 bis zur verfassungsrechtlich vorgesehenen schrittweisen Angleichung) 80 Prozent des Durchschnitts-Nettoeinkommens - Menschen mit besonders schwerer Arbeit können früher in Pension gehen - Für lange in Ausbildung Stehende steuerbegünstigter Nachkauf von Pensionszeiten
- Pensionsantrittsalter 65 (Frauen 60 bis zur Angleichung)
- Die Kindererziehungszeiten werden bis zum Schuleintritt nach dem Letztbezug angerechnet - Nicht-Berufstätige erhalten einen Mindestpensionssatz
- Mindestpension für alle
- 10prozentiger Solidarbeitrag für jenen Betrag, der über der ASVG-Höchstpension von 2.365 Euro brutto liegt
- Für Frühpensionisten bis 2010 keine Abschläge
- Lohnnebenkostensenkung für ältere Arbeitnehmer - Kündigungsschutz hängt ab von Dauer der Betriebszugehörigkeit
Erneut appellierte Gusenbauer an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, das Gesprächsangebot der SPÖ anzunehmen: "Beweisen Sie, dass es Ihnen um die Sache geht und nicht nur um Ihr persönliches Prestige."
Noch vor der Präsentation der "Fairness-Pension" übte ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka Kritik an der SPÖ. Er prangerte etwa den geforderten Solidarbeitrag an - damit breche die SPÖ ein Wahlversprechen. Weiters warf er Gusenbauer eine Politik des "Verzögerns, Verwässerns und Verhinderns" vor.