Die SPÖ ist seit einiger Zeit dabei, ihr Verhältnis zur FPÖ neu zu überdenken. Seit der Ära Franz Vranitzkys wurde die "Nicht-Regierungsfähigkeit" der FPÖ aus Sicht der SPÖ zum Partei-Dogma erklärt, in den letzten Wochen versuchte nun Parteichef Alfred Gusenbauer, in Sachfragen eine Annäherung in die Wege zu leiten. Prompt brach daraufhin eine Diskussion über Sinn und Unsinn einer solchen Strategie aus.
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Die mediale Debatte hat ausnahmsweise jedoch einen realen Hintergrund: Die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre zeigen deutlich, dass die Gewinne der FPÖ auf Kosten der SPÖ gingen, umgekehrt jedoch die Verluste der FPÖ nicht - oder kaum - bei den Sozialdemokraten zu Buche schlugen. Hauptprofiteur der freiheitlichen Wahlniederlagen war denn auch meistens die ÖVP.
In den Chefetagen der SPÖ scheint man daraus nun den Schluss gezogen zu haben, dass die bedingungslose Ausgrenzung der FPÖ die eigene Partei für ehemalige FP-Wähler unattraktiv werden hat lassen. Daher hat Parteichef Gusenbauer nun einen Strategiewechsel eingeläutet. Vor allem in Sachfragen wie der Pensionsreform oder jüngst bei der Steuerreform versuchte er, die freiheitlichen Abgeordneten zu einer rot-blauen Allianz im Dienste des kleinen Mannes gegen die schwarz-blaue Bundesregierung zu verführen. In einem "Presse"-Interview vor einigen Tagen ging er sogar so weit, auch eine Koalition mit den Freiheitlichen nicht mehr auszuschließen.
Für manche in der SPÖ geht das nun jedoch zu weit - nicht zuletzt auch deshalb, weil die Strategie Gusenbauers (Stichwort Spargelessen mit Jörg Haider) bisher erfolglos geblieben ist. Entsprechend will Caspar Einem, Europasprecher und Gallionsfigur der SP-Linken, von Koalitionsavancen seiner Partei an die FPÖ nichts wissen. Unterstützung erhält Gusenbauer dagegen vom derzeit wahlkämpfenden oberösterreichischen SP-Chef Erich Haider. Er weiß, dass sein Wahlergebnis davon abhängen wird, inwieweit abtrünnige FP-Wähler wieder den Weg zurück zur SPÖ finden.
Wiens mächtiger SP-Bürgermeister Michael Häupl sieht in der FP im "derzeitigen Zustand" keinen Regierungspartner. Allerdings könne er, so Häupl im "ZiB 2"-Studio Montagabend, nichts Falsches darin erkennen, nach Mehrheiten für die eigenen Vorstellungen zu suchen. Ein Vorziehen der Steuerreform sei ja nicht falsch, weil "Haider dafür ist".
In der FPÖ will man die Aussagen Häupls nicht unwidersprochen lassen. FP-Generalsekretärin Magda Bleckmann empfiehlt diesem, sich lieber um die eigene Partei zu kümmern, als der FP gute Ratschläge zu erteilen.