)
Analyse einer wahltaktischen Zeitenwende. | Zum Abschluss wettert ÖVP noch einmal gegen Rot-Grün. | Wien. SPÖ und Grüne können bald aufatmen. Denn mit dem Ende der gut siebenjährigen rot-grünen Episode in Deutschland, die am Freitag durch die Unterzeichnung des schwarz-roten Koalitionsabkommens auch offiziell besiegelt wurde, kommt Österreichs Regierung ihr liebstes Feindbild abhanden. Nichts hat dem Szenario einer rot-grünen Koalition in Österreich so geschadet wie das bundesdeutsche Exempel. Ab Dienstag wird nun eine CDU-geführte Bundesregierung in Berlin die wohl auch auf absehbare Zeit weiterhin triste Lage des nördlichen Nachbarn zu verantworten haben.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
# Einmal noch: "Der Vergleich macht sicher"
Diese Zäsur dürfte auch ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bewogen haben, am Freitag noch einmal den Vergleich zwischen Deutschland und Österreich zu betonen. Ihr Ziel: Sicherstellen, dass Österreich dieses "unglückselige Experiment" erspart bleibt. Immerhin sei dieses soeben in Deutschland gescheitert.
Als Beleg dafür verwiesen Lopatka und Bartenstein einmal mehr auf die ungleich besseren wirtschaftlichen Kennzahlen Österreichs im Vergleich zu Deutschland: doppelt so hohes Wirtschaftswachstum, halb so hohe Arbeitslosenzahlen sowie ein insgesamt schrumpfender Schuldenstand. Die SPÖ konterte das Selbstlob der Volkspartei mit dem Hinweis, dass es keinen Grund gebe, sich angesichts der Entwicklung der heimischen Arbeitslosenzahlen zu brüsten.
ÖVP bleibt bei Nein zu einem FPÖ-Nein
Was die innenpolitischen Koalitionsoptionen für die Zeit nach den kommenden Nationalratswahlen angeht, so weigert sich die ÖVP beharrlich, die FPÖ Heinz-Christian Straches aus ihren Überlegungen kategorisch auszuschließen. Anders als vor den Wahlen 1999 will man bei der Kanzlerpartei keine diesbezüglichen Ankündigungen machen, "die dann politisch eingeklagt werden können", erklärte Lopatka.
Um dennoch der weit verbreiteten Skepsis gegenüber dem politischen Stil der Strache-FPÖ Rechnung zu tragen, häufen sich jene Stimmen aus der ÖVP, die eine Koalition mit den Blauen ausschließen. Jüngst gesellten sich etwa Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und Innenministerin Liese Prokop zu diesen. Beide gelten nach innen wie außen als überzeugte Anhänger einer großen Koalition.
Dass auch Koalitionsansagen vor Wahlen nicht der Weisheit letzter Schluss sind, zeigt ebenfalls das jüngste deutsche Beispiel. Die nun besiegelte große Koalition wurde noch im Wahlkampf von allen Parteien abgelehnt - aus strategischen Gründen.