Erste Phase der Intensiv-Beteiligung abgeschlossen, neues Parteiprogramm auf dem Weg.
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Wien. Die SPÖ meint es ernst mit der Erneuerung ihrer inneren Struktur. Zumindest versucht sie, diesen Eindruck zu vermitteln. In den vergangenen Wochen und Monaten starteten die Sozialdemokraten einen parteiinternen Modernisierungsprozess, an dessen Ende nicht nur ein neues Parteiprogramm, sondern auch ein gerüttelt Maß an internen Mitbestimmungsmöglichkeiten für die SPÖ-Mitglieder stehen soll.
Den Demokratisierungsprozess versucht die SPÖ nun schon zum wiederholten Male, denn Reformbemühungen, die die Mitglieder in die zentralen Entscheidungsprozesse einbinden sollten, gab es immer wieder. Noch als Kanzler beauftragte SPÖ-Chef Christian Kern den steirischen SPÖ-Chef Michael Schickhofer, die Partei zur "Plattform und Andockstelle für politisches Engagement" auszubauen.
Einen Zwischenbericht zum in vier Phasen gegliederten Reformprozess präsentierten Kern, Bundesgeschäftsführer Max Lercher und dessen Stellvertreterin Andrea Brunner am Freitag den Journalisten. In der nun abgeschlossenen Phase 1 haben 1800 registrierte Parteimitglieder rund 1500 Kommentare zum von der Partei vorgelegten Diskussionspapier abgegeben. "Die Demokratisierung der Partei funktioniert", gab sich Kern am Freitag optimistisch. Kern verweist auch auf rund 110 bereits abgehaltene, lokale Veranstaltungen in den Bezirken, auf denen über das neue Parteiprogramm diskutiert wurde.
"NGO-Forum" am 7. Mai
Insgesamt 16.000 Mitglieder hätten sich an den Diskussionen, die auch in den Sektionen und Ortsparteien stattfanden, beteiligt.
Bei diesem "Demokratiepaket", wie es Lercher ausdrückt, gehe es um weit mehr, als um die Frage, ob künftig der Parteivorsitzende direkt gewählt werden soll. "Es geht darum, die repräsentativen demokratischen Strukturen zu stärken und echte Mitbestimmung zu ermöglichen", so der SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Lercher will den Parteimitgliedern künftig Initiativrechte einräumen. Sie sollen über "Mitgliederbegehren" Anliegen der Abriss direkt an die Partei herantragen können. Ähnliches soll für zivilgesellschaftliche Organisationen gelten. NGOs sollen mittels "Themeninitiativen" direkten Einfluss auf die inhaltlichen Schwerpunkte der Partei gewinnen. Wie dies konkret ablaufen wird und vor allem, ob die neuen Instrumente mit einem tatsächlichen Pouvoir ausgestattet werden, ließ die rote Parteispitze am Freitag allerdings noch offen. Einzig: Die Basisanträge und Themeninitiativen der Zivilgesellschaft sollen direkt in die parteiinterne Entscheidungsfindung miteinfließen.
Dass die SPÖ sich damit des basisdemokratischen Zugangs bedient, mit dem sich aus Sicht vieler Beobachter die Grünen selbst in die Bredouille gebracht haben, weist Lercher zurück: "Wir werden die Grünen nicht kopieren." Die strukturellen Veränderungen seine zwar "weitreichend", die Partei werde aber sicher "arbeitsfähig" bleiben. Mit einem "NGO-Forum" am 7. Mai endet die erste, intensive Beteiligungsphase zur Programmfindung. Man wähle bewusst einen anderen Weg als jenen der "Führerparteien" in der Regierung, sagte Parteichef Kern. Was er darunter verstehe? "Das sind Parteien, wo am Ende des Tages einer alleine entscheidet."
Kern gegen FPÖ-Inserate
Die 1400 Experten, mit denen sich damals die rote Ikone Bruno Kreisky umgeben hatte, habe man inzwischen bereits übertroffen, ergänzte Andrea Brunner. Das Linzer Jahoda-Bauer-Institut wertet derzeit die 1500 eingegangenen Kommentare aus, die danach in den Programmentwurf einfließen sollen. Am 28. Mai wird sich der Parteivorstand mit diesem befassen, danach werden alle Parteimitglieder informiert. Noch im Juni soll eine Mitgliederbefragung stattfinden (Ziel: 20 Prozent Beteiligung). Am Bundesparteitag im Oktober schließlich soll das neue Programm beschlossen werden.
Am Rande der Pressekonferenz ging Kern auf die aktuelle Diskussion über Regierungs-Inserate in extrem rechten Medien, wie jüngst vom Sportministerium von FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache und dem Innenministerium von Herbert Kickl im verschwörungstheoretischen Magazin "Alles Roger?" ein. Er forderte die Regierung auf, die Inseratepraxis für derartige Medien zu beenden. In der aktuellen Ausgabe von "Alles Roger?" finden sich auf den Seiten 15 und 21 "entgeltliche Einschaltungen" des Ministeriums für den Öffentlichen Dienst und Sport und des Innenministeriums. In der Vergangenheit hatte die FPÖ dem extrem rechten Magazin via Inserate mehrmals finanziell unter die Arme gegriffen. Die extrem rechten und FPÖ-nahen Publikationen "Info Direkt" und "Wochenblick" aus Oberösterreich hatten in der Vergangenheit ebenfalls öffentliche Gelder erhalten. Kern kündigte an, rechtliche Schritte prüfen zu wollen sowie eine parlamentarische Anfrage zu den Inseraten einzubringen. Der grüne Bundesrat David Stögmüller brachte diesbezüglich bereits eine Anfrage an die beiden FPÖ-Minister ein.