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SPÖ versucht die Neuaufstellung mit Doskozil

Von Simon Rosner

Politik

Nur 37 Stimmen Unterschied. Doskozils erste Handreichung: Keine Koalition mit der FPÖ - und auch mit der ÖVP.


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Die erste Wahl des Tages: Frankfurter oder Debreziner? Es war Mittag, die Reden der beiden Bewerber um den Vorsitz der SPÖ gerade vorbei und die 608 Delegierten des außerordentlichen Parteitages im Linzer Design Center hatten Hunger. Und es gab ja auch Gesprächsbedarf, wenn auch nicht unbedingt über die gewiss wichtige, aber weder für das Land noch die Partei sehr entscheidende Wurstfrage. Andere Fragen waren an diesem Tag relevanter. Wer wird Pamela Rendi-Wagner als SPÖ-Vorsitzende folgen? Schafft es die SPÖ wieder zu Geschlossenheit und Harmonie zu gelangen?

Kurz vor halb vier Uhr war zumindest die erste Vorsitzfrage geklärt. Rendi-Wagners langjähriger Widersacher Hans Peter Doskozil setzte sich um 37 Stimmen gegen Andreas Babler durch. 316 Delegierte stimmen für ihn, 279 für Babler. 13 Delegierten hatten entweder gar nicht oder ungültig gewählt. Die SPÖ hat damit eine Mehrheitsentscheidung, wenn auch knapp. Zur zweiten Frage: Schreiduelle gab es nicht, auch keine Rempeleien in der Aula, sieht man von unabsichtlichen im Kampf um die Wurst ab.

Unberechenbare Delegiertenstimmen

Da Doskozil noch Babler in der Mitgliederbefragung nur jeweils rund ein Drittel der Mitglieder überzeugen konnten, war entscheidend, wohin die Stimmen für Pamela Rendi-Wagner wandern werden und ob sich die Delegierten an das Resultat der Befragung halten. Das war sehr ungewiss. Die SPÖ-Arithmetik weist den Landesorganisationen das Gros der Delegierten zu, allerdings werden diese auf die Bezirke aufgeteilt. Das machte den Parteitag und dessen Sichtweise auf die Vorsitzfrage so unberechenbar.

Die Reden und ihre Rezeption erlaubten einen ersten, wenn auch vagen Einblick auf die Stimmungslagen. Da zeigte sich schon: Es wird knapp. Die Sitzordnung hatte die Abordnungen aus Wien und von der Gewerkschaft auf der linken Seite der Bühne platziert, sie sollten bei Bablers Rede lautstark akklamieren. Die Wiener Landespartei schien relativ geschlossen. Das war vor dem Parteitag unklar. Auf der anderen Seite des Saals saß unter anderem die Delegation aus Niederösterreich, hier verteilten sich die Sympathien auch, immerhin ist Babler aus Niederösterreich. Doch die meisten anderen größeren Landesorganisationen schienen aus Sicht von Doskozil zu halten.

Unterschiedliche Reden

Die Reden selbst hätten unterschiedlicher nicht sein können und das lag nicht nur an Doskozils angeschlagener Stimme, die ihn in seiner Rhetorik limitiert. Beide sprachen, wie vorgesehen, 45 Minuten. Doskozil begann (nach Losentscheid) und räumte reumütig vergangenes Versagen der Sozialdemokratie ein. Immer wieder, etwa beim Thema Entlohnung, bei Gesundheit und beim Wohnen, dabei aber nur beim Einfamilienhausbau – kein speziell städtisches Thema. Bei den Lösungen verwies Doskozil vor allem auf sein Wirken im Burgenland, eine klare bundespolitische Vision formulierte er nicht. Den Mindestlohn verteidigte er lange, den größten Beifall kassierte er für seine Feststellung, dass es Ziel der Sozialdemokratie sein müsse, dass die Menschen keine Sozialleistungen bräuchten.

Eine zumindest missverständliche Formulierung Doskozils, die man als Aussage gegen Frauenquoten und Reißverschlusssystem verstehen konnte, führte schon während der Rede zu Kopfschütteln und zog sich auch danach in die Diskussion unter den Delegierten. Es war ein Fehler Doskozils, der zudem seine Rede falsch einteilte und nicht mehr zu den Themen Klimawandel und Migration kam, die er ursprünglich ansprechen wollte. Es ging sich am Ende trotzdem für ihn aus.

Babler entschied sich für einen dreiviertelstündigen Furor, den er sich auch durch Applaus und Jubelschreie nicht unterbrechen ließ. Es war eine Art sozialdemokratischer Rap, fast ohne Punkt und Beistrich, bei der die Lautstärke aber konstant hoch war, ohne Dramaturgie und stilistischen Pausen, eher eine Aneinanderreihung von bewusst starken Ansagen bis hin zur Forderung, dass Vermögenssteuern eine Koalitionsbedingung sein müssen. Der Jubel nach seiner Rede war größer, aber die Rede war auch effektvoller – und die ihn unterstützenden Parteijugend vielleicht lautstärker.

Keine Koalition mit der FPÖ

Dass am Ende nur 37 Stimmen den Unterschied ausmachen sollten, bedeutete vor allem für das Lager von Babler eine Bitterkeit, die aus den Gesichtern einiger seiner Unterstützerinnen und Unterstützer herauszulesen war. Auch der Traiskirchner Bürgermeister wirkte niedergeschlagen. "Wir müssen zusammenfinden", sagte Doskozil, meinte damit nicht nur Babler, holte ihn aber als Geste kurz auf die Bühne. Dann versprach er den Delegierten, dass es, sollte er bei der Nationalratswahl Erster werden, garantiert "keine Koalition mit der Freiheitlichen Partei" geben werde. Applaus. Jubel.

Aus der Vranitzky-Doktrin machte der burgenländische Landeshauptmann das Doskozil-Versprechen, womöglich auch, um der Geschlossenheit wieder einen Schritt näher zu kommen. Immerhin hatte die vermeintliche Doktrin Vranitzkys über Jahrzehnte einigend gewirkt. Auf dieses Nein zur FPÖ konnten sich die Sozialdemokraten stets verständigen. Doch Doskozil erweiterte diese Garantie. Er werde auch nicht mit der ÖVP koalieren, kündigte er an. Das hatte auch Babler angekündigt. Stellt sich, abseits von Wurst, Vorsitz und Parteiharmonie, nun aber eine weitere Frage: Was, wenn Doskozil nur Mehrheiten mit diesen Parteien erreicht?