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SPÖ: Vor lauter Studiengebühren blind für die wirklichen Probleme

Von Brigitte Pechar

Analysen

Nach Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der nicht zuletzt an seinem Versprechen, die Studiengebühren abzuschaffen, gescheitert ist, droht nun dessen Nachfolger als SPÖ-Chef den selben Fehler zu begehen. Was zunächst als spektakulärer Coup Werner Faymanns aussah, könnte sich als Bumerang herausstellen. | Zwar hat Faymann angekündigt, die 150 Millionen Euro pro Jahr, die den Universitäten dadurch fehlen würden, aus dem Budget zu finanzieren. Die Frage muss aber erlaubt sein, welchem Ressort er diese nehmen will.


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Warum die SPÖ gerade den Gratis-Hochschulzugang propagiert, ist nicht ganz verständlich. Erstens werden die Universitäten dann von allen Steuerzahlern finanziert - also auch von jenen, welche die Leistungen des tertiären Sektors gar nicht in Anspruch nehmen.

Zweitens wird die umgekehrte Bildungspyramide fortgesetzt. In Österreich sind die Kosten für Kinder im vorschulischen Bereich am höchsten. Kindergärten oder Kindergruppen - je nach Bundesland unterschiedlich - kosten im Monat pro Kind zwischen 150 und 350 Euro. Die Nachmittagsbetreuung an AHS und BHS kostet pro Jahr etwa 1500 Euro. Die Studiengebühren betragen dagegen im Halbjahr gerade einmal 363 Euro.

Warum müssen gerade Leistungen im Spitzenbereich am günstigsten zu haben sein? Mehr würde der sozialen und auch bildungspolitischen Chancengleichheit doch wohl - wenn schon genügend Mittel im Bundesbudget vorhanden sind - die Förderung von klein auf nützen.

Drittens wird durch Studiengebühren keine soziale Selektion vorgenommen, wie sämtliche Studien beweisen. Sozial Bedürftige erhalten die Studiengebühren durch Förderung abgegolten. Auch ein Rückgang der real Studierenden ist nicht festzustellen. Es gibt zwar tatsächlich eine soziale Selektion - diese erfolgt aber bereits im Alter von zehn Jahren: Noch immer gehen weniger Kinder aus bildungsfernen Schichten in die AHS, die wiederum zielgenau den Weg zu einem Studium vorzeichnet. Mehr Mittel in eine gemeinsame Schule bis zum 15. Lebensjahr würde diese soziale Selektion stärker verhindern als ein Gratis-Uni-Zugang.

Viertens: Ein Effekt, den die Studiengebühren tatsächlich gebracht haben, ist die Senkung der in Österreich besonders hohen Drop-out-Rate. An den Unis hat die Studienerfolgsquote im Studienjahr 2003/04 laut Statistik Austria 78 Prozent erreicht - vor Einführung der Gebühren lag diese bei 60 Prozent.

Wenn die SPÖ eine höhere Akademikerquote anstrebt, dann brauchen die Unis mehr Mittel: Verbesserung des Lehrenden-Studierenden-Verhältnisses, der Infrastruktur. Umso besser, wenn dafür Geld vorhanden ist.

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