)
Die Sozialdemokraten wollen der "soziale Reformmotor" des Landes sein und daher auch die Gespräche mit der ÖVP fortführen - "unter Umständen auch Regierungsverhandlungen", wie SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer am Donnerstag zu Beginn der zweitägigen Neujahrskonferenz seiner Partei unter dem Motto "input:zukunft" betonte.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bei den weiteren Gesprächen in Untergruppen soll herausgefiltert werden, "ob bei der ÖVP die Bereitschaft besteht, ein großes Reformwerk zu verwirklichen", erklärte Gusenbauer. Grundlage der Verhandlungen sei aber weiterhin das Wahlprogramm, für das 1,8 Millionen ÖsterreicherInnen die SPÖ gewählt hätten.
Einmal mehr übte der Parteichef Kritik an der schwarz-blauen Regierung. Tatsächliche Reformen seien in den vergangenen zweieinhalb Jahren unterblieben - diese will die SPÖ nun umsetzen. Gusenbauer nannte fünf Bereiche: Zur Sicherung der Pensionen "werden wir länger arbeiten müssen". Überdacht werden muss die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems, wobei der Parteichef Selbstbehalten für Arztbesuche eine Absage erteilte, denn diese "bringen - ähnlich der Ambulanzgebühr - wenig Einnahmen und viel Verdruss". Weiters strebt die SPÖ eine Verbesserung des Bildungssystems, die Erneuerung der Verfassung und die Erhöhung des Wirtschaftswachstums an. "Alle warten auf ihn, aber er kommt nicht, der gute Onkel aus Amerika namens Wirtschaftswachstum", daher müssten wir selbst für einen Aufschwung sorgen. Den Blick sollte man auch auf "zukünftige Beschäftigungsmöglichkeiten lenken" - etwa in der Altenpflege. Damit diese legal ablaufe, plädiere er dafür, aus dem Pflegegeld eine Sachleistung zu machen. Gusenbauer forderte die Einführung eines "Dienstleistungsschecks" für Pflegeleistungen. Im Laufe des Nachmittags legten sowohl die VertreterInnen der Partei als auch Experten ein Bekenntnis zum Umlageverfahren zur Pensionsfinanzierung ab.
In den Verhandlungen mit der ÖVP sieht der SPÖ-Chef mögliche Kompromisse. Er glaubt allerdings, dass sich die Volkspartei "nach wie vor die Variante FPÖ offen" halte, wie er gegenüber der "Wiener Zeitung" betonte. "Ein harter Punkt", so der geschäftsführende Klubobmann Josef Cap, sei die Abfangjägerfrage. Hier müsse sich "Schüssel was überlegen", denn mit deren Anschaffung sei ein großes Reformprojekt nicht umzusetzen.
Während sich etwa Salzburgs Landesparteichefin Gabi Burgstaller, Wiens Bürgermeister Michael Häupl oder Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl in Zurückhaltung übten, hält es der Zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer für "wahrscheinlich", dass es zwischen ÖVP und SPÖ zu Regierungsverhandlungen kommt. Er betonte, man müsse nun vor allem darauf Rücksicht nehmen, dass sich die Bevölkerung eine gute und stabile Regierung erhoffe.
Die SPÖ wird in die Arbeitsgruppen Mitglieder des Verhandlungsteams und ExpertInnen entsenden. Fischer werde sich des Bereichs Staatsreform sowie Außen- und Sicherheitspolitik annehmen, wie er erklärte. Häupl wird der Gruppe Infrastruktur angehören und Burgstaller der Gruppe Gesundheit. Dem Vernehmen nach lautet die weitere Aufteilung: Barbara Prammer (Pensionen), Cap (Bildung) und Niessl (Beschäftigung).