"Für einen wirtschaftlichen und sozialen Kurswechsel" - unter diesem Motto steht die Neujahrskonferenz der SPÖ, die gestern und heute in Wien stattfindet. Und Parteivorsitzender Alfred Gusenbauer machte auch deutlich, dass das durchaus wörtlich gemeint ist. Die Regierung fahre einen "fatalen Kurs": Jeder Tag früher, an dem die blau-schwarze Regierung beendet werde, sei ein gewonnener Tag für Österreich.
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Die Krise in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt sei nicht nur durch die internationale Lage zu begründen, sondern sei auch hausgemacht, sagte Gusenbauer in seiner mehr als einstündigen Rede. Wäre nur der Weltmarkt an der derzeitigen Situation schuld, hätte sich nicht auch die relative Lage in Österreich verändern dürfen. Österreich habe immer ein Wirtschaftswachstum und ein Beschäftigungswachstum gehabt, das über dem europäischen Durchschnitt gelegen sei. Bei der Arbeitslosigkeit wiederum sei man unter dem EU-Schnitt angesiedelt gewesen.
Dieses "Immer geht nur bis zum Amtsantritt der schwarz-blauen Bundesregierung". 2001 sei die Arbeitslosigkeit am fünft stärksten im EU-Vergleich gestiegen, beim Wirtschaftswachstum liege Österreich an vorletzter Stelle, beim Einkommenszuwachs an letzter. "Nur in einem Bereich ist Österreich die Nummer Eins: bei den Steuern", kritisierte Gusenbauer den Nulldefizitkurs der Regierung: "Es ist nicht in Ordnung, wenn Grasser auf Kosten der Arbeitnehmer seine Kassen füllt." Der SPÖ-Chef erteilte dem neoliberalen Kurs der Regierung eine Absage und riet, sich ein Beispiel am Kurs der USA zu nehmen: Die Investitionen erhöhen und die Steuern senken. Und bei der Beschäftigungspolitik solle man sich ein Beispiel an jenen Ländern nehmen, die es besonders gut in Europa machten - etwa Schweden und Dänemark: "Die fast 300.000 Arbeitslosen können sich nichts darum kaufen, wenn der Bundeskanzler sie auf die Situation in den Nachbarländern verweist", prangerte Gusenbauer die hohe Arbeitslosenzahl an.
Die SPÖ trete jedenfalls dafür ein, sofort etwas zu tun. Konkret forderte Gusenbauer Maßnahmen im Infrastrukturbereich. Fertige Projekte lägen vor, die Infrastrukturministerin solle weniger planen, dafür mehr tun. Eine Steuerreform, die die Masseneinkommen entlastet, soll die Nachfrage ankurbeln. Dramatisch sei die Situation bei der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), 30.000 Arbeitsplätze seien durch 8.900 zu Grunde gegangene Betriebe im Vorjahr entstanden, daher müsse raschest ein Stabilitätsfonds für KMU eingerichtet werden. Außerdem forderte der SPOÖ-Chef, den Investitionsfreibetrag nicht nur für die Baubranche, sondern generell befristet wieder einzuführen. Er wetterte auch gegen das Ausräumen der Arbeitslosenversicherung für das Nulldefizit. Das AMS müsse die ihm zustehenden Mittel behalten und damit sinnvolle Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen einrichten.
Klubobmann Josef Cap kritisierte ebenfalls die Beschäftigungspolitik der Regierungsmitglieder: "Diese besteht darin, dass sie ihre eigenen Freunderl beschäftigen."
"In zwei Jahren hat es noch selten jemand geschafft, eine Wirtschaft dermaßen zu beschädigen", wetterte auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl. Die Regierung müsse zur Kenntnis nehmen, dass Österreich sich im Zentrum Europas befinde, dementsprechend sei das Straßen- und Schienennetz auszubauen. Die Infrastrukturprojekte müssten in Angriff genommen werden: "Machts es, oder gehts. Besser noch, lassts es uns machen, das wär mir am liebsten."