Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Mit dem Personalwechsel ist es nicht getan. Darüber dürfte jedenfalls an der Basis der SPÖ Einigkeit bestehen. Wir brauchen neben der personellen auch eine inhaltliche und organisatorische Neuaufstellung. Dabei kann es nicht in erster Linie darum gehen, die Sozialdemokratie mit der Rot-Blau-Debatte zu spalten. Wir müssen darüber sprechen, wie die SPÖ wieder über 30 Prozent kommen und aus eigener Kraft, jenseits von ÖVP und FPÖ, tonangebend werden kann.
Der erste wichtige Punkt ist eine inhaltliche Neuausrichtung der Partei, denn als SPÖ müssen wir endlich auch wieder in unseren Themenbereichen in die Offensive gehen. Viele hochrangige Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern, "die Sorgen der Menschen" ernstzunehmen, sobald das "Ausländerthema" hochkocht. Tatsächlich müssen wir die großen Problemfelder angehen, die das tägliche Leben bestimmen und die Ursache, nicht nur Symptom der Unzufriedenheit, mit der Politik im Allgemeinen und der SPÖ im Besonderen, sind.
Stichwort Arbeitswelt: Wir dürfen nicht weiter tatenlos zusehen, wie die Arbeitslosigkeit Richtung 500.000 Menschen geht: Wenn 2,5 Milliarden Euro für Militär und Polizei problemlos im Budget zu finden sind, muss die SPÖ doch auch ein Beschäftigungspaket in dieser Größenordnung auf den Weg bringen können. Wir brauchen eine Verkürzung der Arbeitszeit und eine Stärkung von Arbeitnehmerrechten.
Stichwort Wohnen: Wir brauchen die Mietzinsbegrenzung und eine Wohnbauoffensive. Denn die Gefahr sozialer Ghettobildung geht vom freien Wohnungsmarkt aus, nicht von syrischen Kriegsflüchtlingen.
Stichwort Gerechtigkeit: Die "Panama Papers" zeigen eine grundlegende Schieflage unserer Gesellschaft auf. Die Reichen machen sich ihre eigenen Regeln, während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer mehr leisten und trotzdem um ihre Zukunft fürchten müssen. Die Sozialdemokratie muss wieder glaubwürdig auf der Seite der arbeitenden Menschen stehen und eine Perspektive für eine andere Politik vermitteln! Diffuse Verständnisbekundungen allein werden nichts ändern, wir müssen endlich politisch Akzente setzen.
Klare politische Positionierung statt politischer Spaltung
In der SPÖ braucht es auch einen demokratischen Neustart, statt innerparteiliche Selbstzerfleischung. Eine Öffnung Richtung FPÖ bringt keinen einzigen FPÖ-Wähler zurück. Wenn wir die Menschen wieder für uns gewinnen wollen, müssen wir sagen, was wir inhaltlich wollen und warum man uns vertrauen kann - es braucht eine klare politische Positionierung statt politischer Spaltung.
Wir plädieren dafür, den neuen SPÖ-Vorsitzenden in einer Urwahl unter allen SPÖ-Mitgliedern zu bestimmen. Die Mitglieder sollten in Zukunft nicht nur ihren Mitgliedsbeitrag überweisen "dürfen", sondern die SPÖ muss eine demokratische Mitmachpartei werden. In Zukunft sollen unsere Mitglieder tatsächlich bestimmen können und nicht nur die in den Hinterzimmern der Macht getroffene Beschlüsse nachvollziehen müssen, sondern bei zentralen Fragestellungen selbst eingebunden werden.
Aber nicht nur in personellen Belangen - auch die programmatische Positionierung soll mit den Mitgliedern neu erarbeitet werden. Politische Einigkeit und Stärke können nur mit demokratischer Diskussion wiedergewonnen werden, die eine politische Perspektive entwickelt, statt den Machterhalt oder den Machtgewinn Einzelner in den Mittelpunkt zu rücken.