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Sport und Europarecht

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Sport und Europarecht stehen in einem mannigfachen Wechselverhältnis, das durch das Weißbuch der Kommission nun um eine weitere Facette bereichert wurde.


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Laut einer Eurobarometer-Umfrage "Die EU-Bürger und der Sport" vom November 2004 üben ungefähr 60 Prozent der Europäer regelmäßig eine Sportart aus - und zwar zum Teil in den etwa 700.000 Sportvereinen, die ihrerseits wiederum zahlreichen Vereinigungen und Verbänden angehören.

Die große Mehrheit der sportlichen Aktivitäten spielt sich dabei im Amateurbereich und nicht im Profisport ab. Diesbezüglich unterscheidet das Europarecht auch zwischen Amateur- und Berufssport. Während ersterer gemeinschaftsrechtlich nicht erfasst wird, unterliegt letzterer - da er für einen Profisportler ja dessen Lebensunterhalt darstellt und darüber hinaus auch werblich vermarktet wird - den entsprechenden Grundfreiheiten des Binnenmarktes (Freizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit) sowie den einschlägigen Politiken (Wettbewerbspolitik).

Das "Weißbuch Sport"

Über diese bisherige Qualifikation als binnenmarktrelevanter Berufssport hinaus, soll der Sport im Rahmen der EU nun einen neuen Stellenwert bekommen.

In ihrem am 11. Juli 2007 vorgelegten "Weißbuch Sport" [KOM(2007) 391] beschäftigt sich die Kommission mit den Auswirkungen des Sports als allgemeines wirtschaftliches, gesellschaftliches, erzieherisches, kulturelles und freizeitgestaltendes Phänomen, das einen wichtigen Beitrag zu den strategischen Zielen Solidarität und Wohlstand der EU leistet.

Die gesellschaftliche Rolle des Sports kann auch zur Stärkung der Außenbeziehungen der Union beitragen, heißt es im Weißbuch. Sport propagiere wichtige Werte wie Teamgeist, Solidarität, Toleranz und Fairplay und würde so zur Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung beitragen. Er fördert auch die aktive Beteiligung der EU-Bürger an der Gesellschaft und damit die aktive Unionsbürgerschaft.

Der Sportsektor ist aber auch mit neuen Bedrohungen und Herausforderungen der europäischen Gesellschaft konfrontiert, wie zum Beispiel mit wirtschaftlichen Zwängen, der Ausbeutung junger Sportler, Doping, Rassismus, Gewalt, Korruption und Geldwäsche.

Wichtiges Thema für EU

Mit ihrem "Weißbuch Sport" versucht die Kommission, eine neue strategische Ausrichtung der Rolle des Sports in Europa zu ermöglichen, eine Diskussion über bestimmte Probleme anzuregen, die Sichtbarkeit von Sport in der Politik der EU zu erhöhen und die Öffentlichkeit für die Bedürfnisse und Besonderheiten des Sportsektors zu sensibilisieren. Die Initiative hat zum Ziel, wichtige Themen wie die Anwendung des EU-Rechts im Sportbereich zu illustrieren und weitere sportbezogene Maßnahmen auf EU-Ebene anzuregen.

Das "Weißbuch Sport" fußt sowohl auf der "Erklärung (Nr. 29) zum Sport" in der Schlussakte von Amsterdam vom Oktober 1997 als auch auf der "Erklärung über die im Rahmen gemeinsamer Politiken zu berücksichtigenden besonderen Merkmale des Sports und seiner gesellschaftlichen Funktion in Europa" in der Schlussakte von Nizza vom Dezember 2000, in denen die gesellschaftliche Bedeutung des Sports hervorgehoben wird.

Dort heißt es, dass die Verantwortung für die Pflege der sportlichen Belange in erster Linie bei den Sportverbänden der Mitgliedstaaten liegt. Diese haben die Aufgabe, über Organisation und Weiterentwicklung ihrer jeweiligen Sportart zu entscheiden, soweit sie dabei einzelstaatliches Recht und Gemeinschaftsrecht beachten.

Gleichzeitig wird eingeräumt, dass die EG, auch wenn sie in diesem Bereich keine unmittelbare Zuständigkeit besitzt, bei ihren Tätigkeiten die sozialen, erzieherischen und kulturellen Funktionen berücksichtigen muss, die für den Sport so charakteristisch sind.