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Sporthändler XXL entfacht Machtkampf um das Mittelsegment

Von Thomas Pressberger

Wirtschaft

Die norwegische Sporthandelskette XXL wird den Wettbewerb im österreichischen Sporthandel weiter verschärfen.


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Wien. Der Einstieg des norwegischen Sporthändlers XXL in Österreich wird einen Machtkampf zwischen den Norwegern auf der einen und den Platzhirschen Intersport, Sport2000 sowie den Fachhändlern auf der anderen Seite auslösen, meint Gernot Kellermayr, Präsident des Verbands der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ). Denn alle wollen an einem Segment mitnaschen, das durch den Wegfall durch Sport Eybl - Österreichs ehemals größtem Sportartikelhändler, der von der britischen Kette Sports Direct übernommen wurde, vakant geworden ist: das mittlere Preissegment.

Kampf um Qualität

"Es gibt derzeit nur Anbieter im Diskont- oder im höherpreisigen Segment, aber die Mitte ist kaum abgedeckt", sagt Kellermayr. Hier rechnet er nun mit mehr Bewegung, denn das Mittelsegment sei von heimischen Anbietern vernachlässigt worden. Laut Kellermayr wird es durch den Markteintritt von XXL nicht zu einem Preiskampf, sondern zu einem höheren Wettbewerb bei Qualität und Beratung kommen - wovon letztlich die Konsumenten profitieren sollen. "Das Problem derzeit ist, dass es kaum in einer Landeshauptstadt einen Anbieter mit großer und qualitativer Auswahl gibt", sagt Kellermayr. Viele Konsumenten würden das jedoch suchen, und könnten das in Zukunft bei XXL finden.

Dass es durch XXL zu einem ähnlichen Erdbeben wie durch den Eintritt von Sports Direct in Österreich kommt, glaubt Michael Nendwich, Obmann des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich, nicht. "Sports Direct ist ein Billiganbieter mit vielen Eigenmarken, XXL ist ein Qualitätsanbieter mit Beratung und wenig Eigenmarken." Man könne die beiden Unternehmen nicht miteinander vergleichen.

Die kleinen Fachhändler, die sich spezialisiert haben, hätten ebenfalls nicht zu fürchten. "Mit XXL kommt ein Allrounder, der kann im Sortiment gar nicht die Tiefe erreichen, die Spezialisten haben", sagt Nendwich. Schon in einigen Monaten soll es zum nächsten Neueintritt kommen. Die weltgrößte Sporthandelskette Decathlon bereitet ihren Start in Österreich vor und ist bereits auf Standortsuche.

Für Nendwich ein interessanter Neuzugang. "Decathlon hat ein breites Sortiment, große Flächen und einen Eigenmarkenanteil von über 80 Prozent. Viele Produkte werden selber produziert, daher hat man eine günstigere Kostenstruktur". Es gebe viele Produkte zu Einstiegspreisen, was den Leuten den Eintritt in den Sport erleichtere. Viele würden dann später zu teureren Produkten anderer Anbieter greifen. Er rechnet nicht damit, dass die bisher glücklosen Briten wegen Decathlon in Bedrängnis kommen könnten. Diese hätten einen langem Atem, außerdem würden sie sich eher mit dem Textil- und Schuhhandel matchen.

Nicht in Sicherheit wiegen

Zu sehr in Sicherheit vor dem XXL-Start dürfen sich jedoch auch Spezialisten nicht wiegen, sagt Michael Schmolmüller, Eigentümer von Sport Öhner in Linz. "Wer nicht investiert, kann ein Problem bekommen." Wenn der Kunde keinen Mehrwert erkenne, könne das den einen oder anderen treffen. "Wir zum Beispiel sind auf drei Sportarten spezialisiert, machen Analysen und haben Gerätschaften, die andere gar nicht haben."

Innovative Beratung, Mitarbeiterschulung, neueste Soft- und Hardware seien ein Muss. Sport Öhner etwa ist im Bereich Skischuhschäumen tätig, stellt also handgemachte Skischuhe mit Holzleisten her. Die Anstrengung macht sich bezahlt: "Wir sind in den vergangenen Jahren immer fünf bis sieben Prozent gewachsen", sagt Schmolmüller.

Als große Bedrohung sieht Thomas Rettenwender, stellvertretender Geschäftsführer des Bergsport-Ausrüsters Bergfuchs, die Norweger nicht. "Es ist eher so, dass wir uns einen Partner wünschen, der das Vakuum, das Sport Eybl hinterlassen hat, wieder füllt." An manchen Tagen sei das Geschäft so voll mit Kunden, dass der Laden an seine Grenze stoße. Zwar habe Bergfuchs überlegt, zu expandieren, doch man habe vorläufig noch abgewartet - nicht zuletzt, weil durch einen neuen Standort die Beratungsqualität sinken könnte.

Die derzeitige Situation im heimischen Sporthandel sei ungünstig, da viele Einkäufe ins Internet abwandern, auch weil Sports Direct in fast allen Bereichen außer im Teamsport schlecht sortiert sei. "Das wirkt sich auf die österreichische Handelsstruktur nicht gut aus", sagt Rettenwender.

Sports Direct hat im Mai 2013 51 Prozent der angeschlagenen Eybl-Sports-Experts-Gruppe um 10,5 Millionen Euro plus 30 Millionen Euro Eigenkapital übernommen. Seit April 2014 gehört die Gruppe den Briten zu 100 Prozent. Der börsennotierte Konzern ist Großbritanniens drittgrößter Sportartikelhändler und setzt rund 3,2 Milliarden Euro um. In Österreich lief es für Sports Direct seit dem Einstieg jedoch gar nicht gut. Das Sortiment wurde von den Konsumenten nicht angenommen, der Umsatz brach anfangs ein und die Verluste stiegen stark. Profiteure waren vor allem Fachhändler und Ketten, die im gehobenen Preissegment unterwegs sind.

Weihnachten läuft gut an

Das Jahr 2016 ist insgesamt bisher für den Sporthandel gut verlaufen, sagt Branchenobmann Nendwich. "Seit drei Jahren haben wir erstmals wieder einen richtigen Winterbeginn. Der Run auf Winterprodukte war so stark wie seit Jahren nicht mehr." Er rechnet für das Gesamtjahr mit einem Umsatzplus von mindestens ein bis zwei, im Optimalfall sogar von drei bis vier Prozent. Insgesamt setzt die Sportartikelbranche in Österreich jährlich 2,6 Milliarden Euro um.

Auf den Sportfachhandel entfielen 2015 rund 1,68 Milliarden Euro. Das Weihnachtsgeschäft ist zwar stark vom Wetter abhängig, sagt Nendwich, doch sieht es heuer gut aus. Der Verkauf von Textil und Hardware, wie Ski oder Helme, war bisher so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr. Wenn das so weitergehe, werde Weihnachten heuer auch für den Sporthandel ein Fest.