Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, auch in der schnöden Zahlenwelt der Börsen. Mit dem
Streaming-Dienst Spotify hat am Dienstag ein europäisches Unternehmen an der New York Stock Exchange debütiert - und einen erfolgreichen Start geliefert. Dabei wurden zwar keine neuen Papiere ausgegeben, sondern nur solche der bisherigen Shareholder verkauft. Doch auch so lässt sich ein Gewinn erzielen, und die Kauflaune ist durch eine frohe Botschaft befeuert worden: Streaming beschert der Musikindustrie nach vielen Hungerjahren wieder Zuwächse, und Spotify ist mit 71 Millionen Abos Marktführer.
Ob nun eine neue Sonne am Handelshimmel aufgeht oder doch nur eine Sternschnuppe verglüht, ist aber fraglich. Der australische Journalist John McDuling gibt zu bedenken, dass der Börsennovize nur mit fremden Inhalten handelt - denen der Plattenlabels. Darum zahlt Spotify nicht nur tonnenweise Tantiemen (und schreibt weiter Verluste); es ist von seinen Lieferanten völlig abhängig. Als der TV-Streaming-Dienst Netflix vor einem ähnlichen Problem stand, gründete er seine eigene Produktionsfirma. Das kann sich Spotify aber kaum leisten, wenn es seine Lieferanten nicht vergraulen will. Und deren Abzug würde ein Loch im Katalog hinterlassen, das die Musikkunden (anders als Serien-Konsumenten) kaum hinnehmen würden. Spotify mag ein glänzendes Börsedebüt geliefert haben - aber es sind vor allem die Major Labels, die sich darob die Hände reiben dürfen. Die Musiker wohl kaum: Sie verdienen pro Streaming-Click weniger als einen Cent.