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Sprachengewirr am Stellenmarkt

Von Eva Mandl

Wirtschaft

Key Account Manager, Fraud Analyst, Walk In Manager: Am Arbeitsmarkt sind amerikanische Berufsbezeichnungen der letzte Schrei. Wörterbücher sind bei den Übersetzungsversuchen allerdings keine große Hilfe.


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Leitet ein Plant Manager einen Pflanzenbaubetrieb? Sitzt ein Walk In Manager an der Rezeption? Ist ein Senior Technical Adviser Systems Engineering bereits in Pension? Wer in letzter Zeit in den Stellenanzeigen der Tageszeitungen geschmökert hat, kennt diese Jobtitel. Die Inseraten-Lektüre ist zur Herausforderung geworden. Schwer verständliche Berufsbezeichnungen überschwemmen die Stellenmärkte.

Ursachen für das Sprachengewirr sind laut Andreas Landgrebe vom Personalberatungsunternehmen Jenewein & Partner leicht ausgemacht: "Erstens kommen viele Firmen aus internationalen Strukturen, die haben einfach englische Bezeichnungen, zweitens wird die Attraktivität der Position dadurch erhöht." So haben zum Beispiel die Mitarbeiter von UPC Telekabel internationale Titel. Der Bereichsleiter ist Vice President, der Abteilungsleiter Director, der Gruppenleiter Teamleader. Das zu 95% US-amerikanische Unternehmen verwendet die englischen Bezeichnungen für die Kommunikation mit Mutter- und Schwestergesellschaften. "Ein Senior Technical Adviser in Amsterdam weiß nicht, dass sein Counterpart in Österreich der Technische Ingenieur ist", erklärt Gustav Soucek, Vice President Communications and Human Resources (übersetzt: Bereichsleiter Kommunikation und Personal).

Die rasante Entwicklung im IT- und New Media-Bereich sorgt für neue Jobs mit verwirrenden Bezeichnungen. "Betroffen sind vor allem innovative Branchen wie Pharma, Biotech sowie Informationstechnologie und Telekommunikation", betont Landgrebe. Für Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher, ist klar, dass sich das Amerikanische im deutschen Sprachraum durchsetzen wird: "Die Business-Welt spricht englisch, und immer mehr Unternehmen sind globalisiert. Die englische Sprache ist an berufliche Prozesse in der Wissensgesellschaft besser angepasst." Die englische Titelinflation erfasst nicht nur Menschen in den neuen Berufen, auch der Lehrling wird zum Trainee und die Putzfrau manchmal zur Facility Managerin - kreative Bezeichnungen, mit denen viele nichts anfangen können. Der Status steigt, beim Stammtisch wie auch beim Kunden, wenn aus der Sekretärin die Teamassistentin und aus dem Verkäufer der Sales Manager wird. Jede Firma hat eigene Bezeichnungen für spezielle Tätigkeitsbereiche. "Ursprünglich stand der Titel Manager klar für die Leitung einer größeren Geschäftseinheit, mittlerweile kann aus der Bezeichnung alleine noch nicht allzu viel abgeleitet werden", ergänzt Landgrebe im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Unverständliche Anzeigen

Stellensuchende haben es schwer, sich in dem Titel-dschungel zurecht zu finden. Wörtliche Übersetzungen nützen wenig. Aus dem Engineer wird dann nämlich der Lokführer, aus dem Human Ressource Developer der "Entwickler menschlicher Mittel" oder aus dem Key Account Manager der "Schlüssel Konto Geschäftsführer". Die Grenzen des Wortschatzes sind schnell erreicht. Viele Beratungsunternehmen stellen den attraktiveren, meist englischen, Titel voran, um Aufmerksamkeit auf das Inserat zu lenken. Es empfiehlt sich, das Anforderungsprofil genau zu lesen. "Wir schreiben bei der Suche nach neuen Mitarbeitern zu den US-Titeln auch die Jobbeschreibung dazu", bestätigt Soucek. Dennoch gibt es Texte, die nicht einmal Profis durchschauen. "Sei es, weil sie zu allgemein gehalten oder einfach betriebsblind verfasst worden sind," gibt Recruitingexperte Landgrebe zu.

Das "C" liegt ganz im Trend

CFO, CEO, CTO, CMO, CCO, COO oder CIO stehen an der Spitze eines Konzerns. Oder? Grundsätzlich handelt es sich um Mitglieder der Geschäftsführung. Aber zählt der CIO, der Chief Information Officer, also der IT-Leiter zum Management-Team? Internationale Titel lassen auf ein innovatives Unternehmen schließen, das Karrieren und Gehaltschancen bietet. "Manchmal raten wir deshalb Firmen zu englischen Bezeichnungen", berichtet Landgrebe aus der Praxis. Ein CEO spricht eben eine andere Zielgruppe von Kandidaten an als ein Geschäftsführer.

Tendenziell wird es immer schwieriger, hinter die Kulissen des Titelwaldes zu blicken. Bei kryptischen Stellenanzeigen verweist Friedrich Moshammer von der Berufsinformation und Qualifikationsforschung auf die AMS Berufsdatenbank (http://www.beruf4u.at). Landgrebe empfiehlt, die jeweiligen Internetseiten der suchenden Unternehmen zu durchforsten. Hier erfährt man, dass ein Plant Manager ein Werksleiter und ein Walk In Manager ein Angestellter in UPC Telekabel-Serviceshops ist. Fraud Analysten spüren Computerviren und Datennetz-Hackern nach, und ein Senior Technical Adviser muss keine bestimmte Altersgrenze überschritten haben.

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Was ist eigentlich ein ....

Assistent: kann der klassische Sekretär, aber auch die Vertretung der Geschäftsführung sein

CEO (Chief Executive Officer): Geschäftsführer

CRM (Customer Relationship Manager): kümmert sich um die Kundenbeziehungen

Food Stylist: setzt fertige Gerichte für ein Fotoshooting wirkungsvoll in Szene

Front Office Clerk: Empfangsmitarbeiter (meist) in Hotels

Internet-Scout: Trendsichere Scouts suchen auf Auftrag im Internet nach Branchennews, neuen Produkten, Märkten und sonstigen Veränderungen

Issue Manager: baut Frühwarnsysteme auf

Key-Account-Manager: betreut "Schlüsselkunden", also Großkunden

Yield Manager: sorgt dafür, dass das Hotel ausgebucht, das Kino und Flugzeug bis auf den letzten Platz gefüllt sind