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"Sprachprüfung drückt auf Niveau"

Von Alexia Weiss

Politik
Fremdsprachenlernen passiert nicht nur in der Schule. Auch Erwachsene müssen lernen. Foto: bilderbox

Niveau A2 muss durch Sprachprüfung nachgewiesen werden. | Nach der Prüfung wird nicht weiter gelernt, früher war das der Fall. | EU-Bürger bekommen keinen Zuschuss. | Wien. Als der Europarat 2001 den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen schuf, wollte man eines erreichen: die Sprachkompetenz in einer Fremdsprache vergleichbar machen und damit zur Erhöhung der Mobilität beitragen. "Am Referenzrahmen gibt es auch wenig Kritik", betont Angelika Hrubesch, Sprecherin des Netzwerks SprachenRechte, Leiterin des Alfazentrums für MigrantInnen der Wiener Volkshochschulen sowie Vorstandsmitglied des Österreichischen Verbands für Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache (ÖDaF). Hier werden insgesamt sechs Sprachniveaus beschrieben - wobei die dazu herangezogenen Kriterien sich daran orientieren, was man zum Beispiel als Schüler in einer Fremdsprache beherrschen sollte.


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Woran Hrubesch allerdings sehr wohl Kritik übt: "Inzwischen wird der Referenzrahmen für ganz viele Sachen herangezogen. Damit wurde der Sprachunterricht in Europa uniformiert und normiert, was der Europarat so gar nicht wollte." Ganz klar hält die Linguistin vor allem eines fest: "Der Referenzrahmen wurde nicht geschrieben für den Zweitsprachenerwerb." Konkret heißt das: Eine Zweitsprache erlernt man eben nicht nur im Klassenzimmer. "Zusätzlich zum Unterricht gibt es viel ungesteuerten Spracherwerb."

Dass inzwischen das Gros der Sprachkurse nach den sechs Levels A1, A2, B1, B2, C1, C2 (siehe Kasten) klassifiziert und benannt ist, ist das eine. In Österreich orientiert sich aber auch die Integrationsvereinbarung an den Sprachniveaus des Referenzrahmens. Derzeit müssen Zuwanderer, welche einen Integrationsvertrag zu erfüllen haben, Deutschkenntnisse auf Niveau A2 durch eine Prüfung nachweisen. Zur Vorbereitung werden 300 Sprachkursstunden von der öffentlichen Hand mitfinanziert. Im Zug einer Novellierung sollen bald Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 nachgewiesen werden können. Die A-Niveaus beschreiben elementare Sprachverwendung, die B-Niveaus bereits selbstständige Sprachverwendung.

"B" wie besser

Ist man mit B1 besser für das Leben in der neuen Heimat gerüstet als mit A2? Das kann man so nicht sagen, betont Hrubesch. Denn jeder brauche in seinem persönlichen und beruflichen Lebensumfeld andere Kompetenzen. Jemand, der nach England gehe und dort auf akademischer Ebene tätig werde, benötige sicher ein C-Niveau. Gehe man jedoch als Deutschlehrer in die Türkei, werde man für das Bewältigen des Alltags sicher mit A2 oder B1 - oder einem Level irgendwo dazwischen - das Auslangen finden.

Die Linguistin stößt sich hier aber auch an anderen Details in der Integrationsvereinbarung: Seit der Prüfungspflicht nähmen Zuwanderer weniger Sprachunterricht als zuvor, als die neue Sprache freiwillig erlernt wurde. "Wenn sie nun die Prüfung geschafft haben, brechen sie ab. Vorher haben sie so lange gelernt, bis sie sich in ihrem Alltag sicher fühlten." Hrubesch tritt daher für die Abschaffung der Prüfung und lediglich eine Unterrichtspflicht ein - analog der Schulpflicht für Kinder und Jugendliche.

Zudem gibt es keine wissenschaftliche Evaluierung der Integrationsvereinbarung hinsichtlich der tatsächlichen Verbesserung der Sprachkenntnisse - und damit auch der für die Prüfung nötigen Vorbereitungszeit. Wobei diese grundsätzlich nicht einheitlich angegeben werden könnte, wie Hrubesch betont. Der eine tue sich beim Sprechen leichter, der andere beim Schreiben. Es gebe schnellere und langsamere Sprachenlerner, und natürlich spiele eine Rolle, wie weit man im Alltag die Sprache bereits einsetze beziehungsweise benötige.

Die Prüfungspflicht besteht derzeit nur für Drittstaatenangehörige, nicht aber für EU-Bürger und Schlüsselkräfte. "Es ist also eine sehr populistische Maßnahme." Umgekehrt bedeute das aber auch, dass zum Beispiel ein Pole, der hier arbeite, auch keinen Zuschuss zu einem Kurs bekomme. Denn es wird nur der Sprachkurs von jenen gefördert, die eine Prüfung ablegen müssen.

EU-Referenzrahmen für Sprachen

Niveau A1: Person versteht einfache Sätze und kann sich selbst auf einfache Art verständlich machen.

Niveau A2: Person versteht Sätze, die mit Bereichen zusammenhängen, die ihr vertraut sind, und kann sich in einfachen Situationen verständigen.

Niveau B1: Person kann bei klarer Standardsprache und wenn es um vertraute Dinge geht die Hauptpunkte verstehen sowie über ihr bekannte Themen und persönliche Interessen sprechen.

Niveau B2: Person versteht die Hauptinhalte komplexer Texte und kann sich fließend verständigen.

Niveau C1: Person kann längere Texte und dabei auch implizite Bedeutungen verstehen sowie die Fremdsprache in Beruf oder Studium flexibel einsetzen.

NiveauC2: Person kann alles, was sie liest oder hört, mühelos verstehen sowie sich spontan sehr flüssig ausdrücken.

www.oedaf.at

www.sprachenrechte.at