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Krakow fordert | neun Schuldsprüche. | Schubert: "Nicht vor Vorverurteilung kapitulieren." | Bawag neu bietet "faire Lösung" an. | Wien. Die sommerliche Hitze und der Besucherandrang erinnerten etwas an den Beginn des Bawag-Prozesses vor bald einem Jahr. Das damals eröffnete Beweisverfahren wurde Dienstagfrüh geschlossen und Staatsanwalt Georg Krakow begann sein Plädoyer.
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In seiner mehr als zweistündigen Rede handelte Krakow detailliert die Sondergeschäfte der Bawag mit Wolfgang Flöttl ab, die zum Verlust von rund 1,5 Milliarden Euro geführt hatten. Dabei hob er hervor, dass nicht die Spekulationen Flöttls für das Verfahren relevant seien, sondern die Tatsache, dass die Bank ihm ohne jegliche Sicherheiten und unter Missachtung sämtlicher Risiken Kredite eingeräumt hatte. Damit sei der Tatbestand der Untreue erwiesen.
"Krause, groteske Verschwörungtheorie"
In seinem Plädoyer ging Krakow auch auf viele Nebenschauplätze des Verfahrens ein. So wies er etwa die Behauptungen Elsners, wonach es sich um eine Verschwörung von Justiz, Medien, Politik und sogar der Bawag selbst gegen ihn handle, zurück: "Diese krausen Verschwörungstheorien sind einfach nur als grotesk zu bezeichnen." Grotesk war während des Prozesses übrigens eines der Lieblingsworte von Helmut Elsner. Auch die Vermutung der Bankmanager, Flöttl habe das Geld selbst eingesteckt, sei haltlos.
Krakow ortet das Grundübel des Falles in der autoritären Struktur der ehemaligen Gewerkschaftsbank. "Es war ein bisschen wie ein Königtum Bawag" oder ein "Bankhaus Elsner". Da habe sich keiner getraut, aufzumucken.
Hauptziel von Krakows Ausführungen war Elsner. Aber auch mit dem Wirtschaftsprüfer Robert Reiter ging der Staatsanwalt hart ins Gericht. Diesem warf er nicht nur Beitrag zur Bilanzfälschung, sondern auch zur Untreue vor. Entgegen dem bisherigen Prozessverlauf nahm Krakow den früheren Bawag-Generalsekretär Peter Nakowitz, bisher als einer der Haupttäter behandelt, fast schon in Schutz. Dieser sei lediglich ein loyaler Diener seines Herrn gewesen. Nichts desto trotz forderte Krakow auch für ihn - wie für alle anderen - einen Schuldspruch und eine "tat- und schuldangemessene Strafe".
Auch die Vertreter von Bawag neu und ÖGB kamen zu Wort. Für Wolfgang Brandstetter, der die Bawag als Privatbeteiligte vertritt, war die Causa "eine klassische Untreue". Daher hofft die Bank auch auf Schadenersatz. Während gegen Elsner und Flöttl Zivilverfahren laufen, bot Brandstetter den übrigen Angeklagten aber eine "faire Lösung an". Man wolle nicht die Existenz der Angeklagten bedrohen und hoffe auf deren Einsicht.
Für Michael Rovina vom ÖGB ist der Gewerkschaftsbund das Hauptopfer: Dieser sei gegen die Vertuschung der Verluste machtlos gewesen.
Das sieht Elsners Anwalt Wolfgang Schubert ganz anders. Der ÖGB habe über Jahre von den Karibik-Deals profitiert - schon unter Elsners Vorgänger Walter Flöttl. Mit der Bestellung Elsners habe der Gewerkschaftsbund "ein klares Bekenntnis zu den Sondergeschäften abgegeben".
Dass es sich bei der Kreditvergabe um Untreue handelte, bestritt Schubert vehement. Diese setze Wissentlichkeit voraus. Außerdem seien die Geschäfte vom Finanzministerium nicht verboten worden - dem widerspricht Krakow.
"Ein Systemrisiko wurde nicht erkannt"
Aus Schuberts Sicht handelte es sich bei den Verlusten um eine Folge der internationalen Finanzkrise von 1998: "Es gab auf der ganzen Welt erhebliche Verluste und es gab sie bei jedem." Es sei - wie bei der aktuellen Subprime-Krise - "ein Systemrisiko nicht erkannt" worden - weder von den Banken noch vom Finanzministerium.
Dass die Bawag Flöttl vertraut hat, dürfe, so Schubert, gerade den Staatsanwalt nicht überraschen. Schließlich glaube auch Krakow ihm jedes Wort.
Schließlich wandte sich Schubert wie so oft gegen die mediale Vorverurteilung seines Mandanten ("Das artete in einem regelrechten Propagandafeldzug gegen Herrn Elsner aus.") und appellierte an das Gericht: "Beweisen Sie mir bitte, dass unser Rechtssystem nicht vor der größten Vorverurteilung eines einzelnen Menschen kapituliert. Zeigen Sie mir, dass Sie sich trauen und sprechen Sie Helmut Elsner frei."
Heute, Mittwoch, folgen die Plädoyers von vier weiteren Verteidigern.