Madrid - Dieses Mal war der Sprengsatz, der im Baskenland hochging, nicht aus Dynamit, sondern aus Papier und Worten. Der Regierungschef der autonomen spanischen Region, Juan Jose Ibarretxe, verlas im baskischen Parlament in Vitoria eine Erklärung, die es in sich hatte. Er wolle das Baskenland in einen unabhängigen Staat verwandeln, der nur über eine Assoziationsvereinbarung lose an Spanien angebunden sein werde, kündigte Ibarretxe an.
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Die Erklärung des "lehendakari" (baskischer Regierungschef) schlug in Madrid ein wie eine Bombe. Spaniens Ministerpräsident José María Aznar warf der Ibarretxe-Regierung vor, sie habe einen Geheimpakt mit den Terroristen von der Separatistenorganisation ETA geschlossen. "Wir werden nicht zulassen, dass man das Baskenland in den Abgrund und ins Nichts führt", wetterte der konservative Madrider Regierungschef. Auch die Sozialisten, die vor wenigen Jahren noch zusammen mit Ibarretxes Nationalisten (PNV) im Baskenland regiert hatten, wollen eine Abspaltung der Region von Spanien mit allen Mitteln verhindern.
Die Pläne des baskischen Regierungschefs sehen vor, die Region mit ihren 2,1 Millionen Einwohnern in eine Art "spanisches Puerto Rico" zu verwandeln. Danach soll das Baskenland - wie die zu den USA gehörende Karibik-Insel - ein freier Staat werden, der über eine freiwillige Assoziation mit Spanien verbunden sein soll. Die Basken sollen eine eigene Staatsangehörigkeit erhalten, eine eigene Außenpolitik verfolgen und in den Gremien der Europäischen Union mit eigener Stimme sprechen. Ibarretxe will die Basken nach etwa einem Jahr in einem Referendum über seine Vorschläge abstimmen lassen.
Er betrachtet das Vorhaben als einen Mittelweg zwischen der Beibehaltung der geltenden Landesverfassung ("Statut von Guernica") und einer völligen Abtrennung des Baskenlandes von Spanien. Die Vorschläge sind der Ausdruck eines politischen Spagats, zu dem die baskische Regierung sich ständig gezwungen sieht. Sie steht nämlich vor dem Dilemma, dass etwa eine Hälfte der Basken einen eigenen Staat haben möchte, während die andere Hälfte zu Spanien gehören und das Autonomiestatut beibehalten will.
Für seine Vorschläge erhielt der "lehendakari" allerdings weder von der einen noch von der anderen Seite Beifall. Die Separatisten von der verbotenen Partei Batasuna (Einheit) wiesen die Vorschläge als unglaubwürdig zurück. "An einem Tag lässt Ibarretxe auf Anordnung des spanischen Richters Baltasar Garzon unsere Parteibüros schließen, und am nächsten Tag holt er die Jacke des Unabhängigkeitskämpfers aus dem Schrank", lästerte der Batasuna-Chef Arnaldo Otegi.
Die Gegenseite, die für eine Zugehörigkeit des Baskenlandes zu Spanien eintritt, will über die Vorschläge gar nicht erst diskutieren. "Solange es den Terror der ETA gibt, sind diese Pläne völlig unrealistisch", sagte Teo Uriarte von der Stiftung für die Freiheit. Der Philosoph Fernando Savater meinte: "Das Vorhaben verwandelt unser Land in ein neues Jugoslawien." In Madrid verweist man darauf, dass Ibarretxe für seine Idee eines Referendums niemals die erforderliche absolute Mehrheit im Parlament erhalten werde.
Zustimmung kam allein von den Nationalisten in Katalonien. Die in der nordostspanischen Region regierende CiU (Konvergenz und Union) deutete an, dass sie ebenfalls die Möglichkeit eines "Staatspaktes" zwischen Madrid und Barcelona erwäge.
Drei mutmaßliche ETA-Mitglieder festgenommen
Die spanische Polizei hat im drei mutmaßliche Mitglieder der baskischen Untergrundorganisation ETA festgenommen. Damit sei eine Terrorzelle außer Gefecht gesetzt worden, die mehrere Anschläge geplant habe, sagte Innenminister Angel Acebes am späten Sonntagabend in Madrid. Die Polizei habe bei der Festnahme 60 Kilogramm Sprengstoff sowie Pistolen und mehrere Granaten sicher gestellt.
Zuvor hatte die ETA Anschläge gegen die beiden großen spanischen Parteien - Volksparei und Sozialisten - angedroht.