Automatisierung von Abläufen soll hohe Einsparung bei Kosten bringen. | Gewerkschafter sehen kurze Mandate von Bahn-Vorständen als Haupthindernis. | Wien. Die Reaktivierung eines Langfristprojekts könnte dem Güterverkehr in der EU eine Renaissance bescheren. Bereits seit dem Jahr 1956 wird über das Umstellen von Europas Güterbahnen auf automatische Kupplungen zwischen den Waggons diskutiert. Geschehen ist seit damals - was die Realisierung anbelangt - freilich sehr wenig.
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Die manuell zu schließenden mechanischen Kupplungen sind noch immer in Verwendung. In den 1970er Jahren scheiterte das Projekt am Widerstand Frankreichs, Ende der 1980er Jahre und in den 1990er Jahren am Zusammenbruch des Ostblocks. Dazwischen wurde die Umrüstung immer wieder durch Geldprobleme hinausgezögert.
Geschwindigkeitdeutlich steigern
Dem deutschen Verkehrsexperten Bernhard Sünderhauf zufolge sind die europäischen Bahnen im Güterbereich immer noch mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von lediglich 18 Kilometer pro Stunde unterwegs. "Das ist ungefähr Fahrradtempo", betont Sünderhauf anlässlich der Präsentation der Studie "Die Automatische Mittelpufferkupplung - Vorausetzungen für eine Automatisierung des Schienen-Güterverkehrs in Europa". Der Einsatz der bestmöglichen Kuppeltechnik könnte laut Sünderhauf die Umlaufgeschwindigkeit von Güterwagen in der EU um rund 20 Prozent beschleunigen.
"Dadurch dass die Verbindungen zwischen den Waggons mit den neuen Kupplungen stabiler sind, wären längere und deshalb schwerere Züge möglich." Das gehe bis zu einer Verdoppelung der durchschnittlichen Länge der Güterzüge. "Die Verlängerung wirkt sich mit einer weiteren Steigerung der Systemgeschwindigkeit von rund zehn Prozent aus", erklärt Sünderhauf. In der erwähnten Studie kommt der Experte auf rund 600 Millionen Euro, die sich die Bahnen europaweit pro Jahr sparen könnten; davon entfallen rund 120 Millionen Euro auf etwaige Personalreduktionen. Der volkswirtschaftliche Nutzen wird auf rund 2,2 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Warum wurde die Umrüstung nicht realisiert? "Die Dauer der Vorstandsmandate bei der Bahn ist mit drei bis fünf Jahren viel zu kurz. Keiner der Chefs will sich das antun, dass es ihm die Bilanz aufgrund eines Langzeitprojekts verhagelt wird, von dem frühestens sein Nachfolger profitiert", sagt der hochrangige Eisenbahnergewerkschafter Roman Hebenstreit der "Wiener Zeitung". Wie viele Eisenbahner im Fall des Falles von den Personaleinsparungen betroffen sein könnten, lässt sich dem Gewerkschaft zufolge nicht beziffern, da viele Verschieber einen gemischten Dienst ausführen.
Derzeit gibt es bei den ÖBB rund 2500 Mitarbeiter im Verschub.