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Spuckschutz mit Signalwirkung

Von Alexandra Grass

Wissen
Forscher testeten im Labor die Durchlässigkeit unterschiedlicher Masken.
© Florida Atlantic University

Mit dem Fallen der Masken in großen Bereichen sind auch die Hemmungen gefallen.


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Angesichts der Tatsache, dass die Fälle an Infektionen wieder zunehmen, stellt sich die Frage, ob die Lockerungen mit dem Fallen der Maskenpflicht eine weise Entscheidung waren. Zwar steht nach wie vor zur Diskussion, wie effektiv der Mund-Nasen-Schutz tatsächlich ist, doch sind sich Experten einig, dass auch die Signalwirkung, die von den Masken ausgeht, eine bedeutende ist. Seit den Lockerungen sind vielerorts die Hemmungen gefallen. "Wenn man nicht live dabei gewesen wäre, würde man heute in überhaupt keiner Art und Weise mitbekommen, dass wir nach wie vor eine Pandemie haben", schildert Miranda Suchomel, Leiterin des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie der MedUni Wien. Die Maske sei zumindest ein Spuckschutz mit großer Signalwirkung.

"Virendicht waren sie nie"

Wie dicht die zumeist getragenen Alltagsmasken sind, hat nun ein Forscherteam der Florida Atlantic University getestet. Demnach halten gut genähte Mund-Nasen-Masken zum Schutz vor Übertragungen des Coronavirus Sars-CoV-2 Tröpfchen beim Niesen und Husten relativ stark zurück. Wichtig sei, dass sowohl das Material als auch die Konstruktion einen merklichen Einfluss auf die Maske hinsichtlich ihrer Tauglichkeit haben. Ein Problem sei, dass sie nicht komplett dicht sind und auch nicht perfekt abschließen.

Das bestätigt auch Suchomel im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Virendicht waren sie noch nie." Zudem würden viele andere Mikroorganismen in der Maske hängenbleiben. "Im Endeffekt sind sie wie benutzte Taschentücher zu betrachten und daher sehr unhygienisch, wenn man nicht darauf achtet." Ein sorgsamer Umgang mit regelmäßiger Reinigung sind das Um und Auf.

Im Labor in Florida wurden ein zur Bedeckung umfunktioniertes Halstuch, eine Maske aus einem Stofftaschentuch, eine genähte doppellagige Maske aus Baumwolle und eine handelsübliche kegelförmige Maske auf einer Art Puppe getestet. Mittels einer Pumpe wurde Husten simuliert.

6,6 Zentimeter zu 2,4 Meter

Der gut sitzende, genähte Schutz hielt die Tröpfchen am besten zurück. Die Partikel flogen nur 6,6 Zentimeter weit. Die schlechtesten Werte erzielte das Halstuch. Dabei wurden die Tröpfchen etwa 1,1 Meter weit in die Umgebung geschleudert. Beim Husten ohne Mund-Nasen-Bedeckung fliegen die Partikel rund 2,4 Meter.

Auch die US-Forscher betonen, dass keine Maske zu 100 Prozent vor den Erregern schützt. Abstand halten und damit das Meiden von Menschenansammlungen sowie Händewaschen sind auch Suchomel zufolge die wichtigsten Maßnahmen. Die Maske habe aber an sich etwas gebracht, auch wenn sie nicht virendicht ist. Sie wirkte alarmierend und die Menschen hätten mehr Rücksicht darauf genommen, tatsächlich Abstand zu halten. Dennoch seien die Regelungen dazu nicht durchschaubar, so Suchomel. "Was mir nicht einleuchtet, ist, warum es die Maskenpflicht in den Öffentlichen nach wie vor gibt, aber nicht in den Supermärkten."

Ob sie im Infektionsgeschehen tatsächlich etwas bewirken, sei noch nicht nachgewiesen. Das sei auch schwer herauszufinden, weil viele Komponenten zusammenwirken. Die Maske könne gar "nicht so der Renner sein, weil sonst hätten ja die asiatischen Länder nicht diese Entwicklung gehabt", gibt die Hygienikerin zu bedenken. Dennoch hält sie Tröpfchen ab und wirke symbolisch. Und das auch jene, die in keiner Weise irgendwelchen Zertifizierungen entsprechen. Sie lassen sich nicht 1:1 mit OP-Masken vergleichen.

Doch "ob das Maskentragen dazu geführt hat, dass wir eine Zeit lang doch sehr tolle Reproduktionszahlen unter ferner liefen hatten, oder dass wir weniger Tote und weniger Infizierte auf Intensivstationen hatten, oder es am Lockdown lag, wissen wir nicht", betont Suchomel.

WHO-Empfehlung

In einer Studie der Uni Mainz heißt es unterdessen, dass die deutsche Stadt Jena mit der frühzeitigen Einführung der Maskenpflicht die Zahl der Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 "praktisch auf null" senken konnte.

Selbstgemachte Masken aus Stoff oder medizinischer Mund-Nasen-Schutz seien durchaus empfehlenswert in öffentlichen Verkehrsmitteln, Läden und anderen Einrichtungen, wo ein Abstand von mindestens einem Meter nicht eingehalten werden könne, heißt es seitens der WHO. Lange Zeit hatte sie allerdings das Tragen der Bedeckungen durchaus skeptisch gesehen. Spuckschutz mit Signalwirkung bleibt die Maske allemal.