Geplante Strompreisbremse regt nicht unbedingt zum Stromsparen an. Unternehmen warten auf Energiekostenzuschuss.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ohne Strom zu sparen werden wir nicht aus dieser Krise kommen", sagt die Ökonomin Monika Köppl-Turyna. Die Strompreisbremse der Regierung biete kaum Anreiz dazu, kritisiert die Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria.
Wie am Wochenende bekannt wurde, sollen die österreichischen Haushalte mit einem subventionierten Strompreis entlastet werden. Demnach gilt für 80 Prozent des durchschnittlichen Vorjahresverbrauchs der Preis von 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Das ist laut Berechnungen der Regierung 2.900 kWh pro Jahr, Grundlage ist ein Drei-Personen-Haushalt. Der Verbrauch darüber hinaus wird mit dem marktüblichen Preis berechnet, der je nach Region und Energieversorger unterschiedlich hoch ist. Die jährliche Entlastung würde damit bis zu 500 Euro im Jahr betragen. Die Regierung stellt dafür 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Details wollen Regierungsvertreter am Mittwoch im Ministerrat präsentieren, das Paket soll im Oktober vom Parlament beschlossen werden. Im Dezember würden die Maßnahmen in Kraft treten.
Für Köppl-Turyna biete dieses Modell nicht nur wenig Anreiz zum Sparen, weil der Verbrauch von Single- und Zweipersonenhaushalten jetzt schon darunter liege. Zudem sei die Maßnahme auch sozial nicht treffsicher, bemängelt die Ökonomin. Das liege wiederum an der mangelhaften Umsetzung der Digitalisierung. Die benötigten Daten, etwa von Stromzählern und Personen, die von den Rundfunkgebühren befreit sind, sowie Meldedaten, seien nicht verknüpfbar.
"Neben der Strom- und Gaspreisproblematik haben wir auch noch die allgemeine Teuerung - diese ergibt sich aus den Strom- und Gaspreisen. Solange diese Krise nicht beseitigt ist, werden wir noch andere Preiserhöhungen sehen. Mit der Strompreisbremse fange ich die Leute nicht ab, die aufgrund der Teuerung in die Armut rutschen", sagt die Ökonomin. Beim Gießkannenprinzip, das etwa auch beim Klimabonus zum Einsatz gekommen war, sei Vorsicht angebracht: "Je breiter die Förderungen, desto höher die Gefahr einer Inflation, weil zu viel Geld in die Wirtschaft gepumpt wird."
Unternehmen kämpfen
Apropos Wirtschaft: Auch Unternehmen sollen im Zuge der Strompreisbremse entlastet werden, Details dazu wurden allerdings bisher nicht veröffentlicht. Die Ökonomin Köppl-Turyna kann sich vorstellen, dass Unternehmen nach dem Energiekostenzuschuss-Gesetz, das im Sommer beschlossen wurde, entlastet werden. Das sei in der derzeitigen Situation dringend notwendig, um vor allem in energieintensiven Branchen Versorgungsengpässe zu vermeiden und die Produktion sicherzustellen.
In den vergangenen Tagen haben einige Unternehmen, unter anderem der Faserhersteller Lenzing, angekündigt, die Produktion wegen der hohen Energiekosten zu drosseln. Die Industriellenvereinigung ließ verlautbaren: "Vielen Unternehmen steht das Wasser bis zum Hals", und forderte unter anderem einen Energiekostenzuschuss in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. "Aus Sicht der Wirtschaft muss eine solche Entlastung drei entscheidende Kriterien erfüllen: Sie muss spürbar sein, rasch erfolgen und unbürokratisch abgewickelt werden", heißt es dazu auf Anfrage aus der Wirtschaftskammer.
Unmut über die schwarz-grünen Pläne regt sich nicht nur bei den Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos, die die Maßnahme als "zu spät, zu wenig", beziehungsweise das Prinzip "Gießkanne", kritisierten, sondern auch bei schwarzen Landespolitikern in Vorarlberg und Tirol. Sie sehen die Bevölkerung nicht wirklich entlastet, weil die die Strompreise in den westlichen Bundesländern niedriger seien als im Osten. Tiroler ÖVP-Obmann Anton Mattle, der derzeit um den Posten des Landeshauptmanns wahlkämpft, forderte sogar eine "Kompensation für den Westen", wie er der APA sagte.
Niederösterreich, in dem derzeit ebenfalls wahlgekämpft wird, will wiederum bei seinem Strompreis-Rabatt bleiben. Die Maßnahme, die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Sommer vorgestellt hatte, sieht eine Entlastung von 11 Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsverbrauchs vor.
Die Arbeiterkammer (AK) begrüßt den Plan der Regierung. Für rund 780.000 einkommensschwache Haushalte fordert die AK aber einen "Strompreisdeckel Plus", indem entweder eine Ausweitung der begünstigten Strommenge oder ein niedrigerer Strompreis vorgesehen wird. Außerdem will die AK eine Ausweitung der Strompreisbremse auch auf Erdgas und Fernwärme, um zu verhindern, dass im Winter Wohnungen kalt bleiben. "Für die Gegenfinanzierung dieser Maßnahmen müssen aber die Gewinne jener Unternehmen abgeschöpft werden, die von der Energiekrise enorm profitieren", bekräftigte Tobias Schweitzer, Bereichsleiter Wirtschaft der AK Wien.
Wie Köppl-Turyna kritisieren auch Nichtregierungsorganisationen wie Global 2000 und Attac, dass die Strompreisbremse nicht wirklich zum Energiesparen anrege. Laut Regulator E-Control verbraucht die Hälfte der österreichischen Haushalte sogar weniger als 2.500 kWh.