Der WWF reicht Beschwerde gegen Schweighofer beim Bundesamt für Wald in Österreich ein. | Der Konzern ist schon länger in der Kritik, illegal geschlägertes Holz in Rumänien zu kaufen.
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Wien/Bukarest. Kauf von illegal geschlägertem Holz, Weiterverkauf dessen, illegaler Erwerb von Waldflächen - es sind schwere Vorwürfe, die die Umwelt-NGOs WWF, Agent Green und die Environmental Investigation Agency (EIA) gegen das österreichische Unternehmen Holzindustrie Schweighofer erheben. Sie werfen dem Holzriesen vor, in Rumänien wissentlich von seinen Zulieferern illegal gerodetes Holz erworben zu haben. Holz, das teilweise aus geschützten Urwäldern und Naturparks stammen soll.
Ein Bericht der EIA und Undercover-Videos sollen das belegen. Am Mittwoch hat der WWF nun Beschwerde beim heimischen Bundesamt für Wald eingereicht und fordert eine Aufklärung der Anschuldigungen. Das Unternehmen selbst weist selbstverständlich alle Vorwürfe von sich. "Holzindustrie Schweighofer kauft jedoch nur Holz aus legalen Quellen", steht es in einer Aussendung zu den Anschuldigungen. "Es gibt einige Dinge, die nicht der Wahrheit entsprechen", sagt Unternehmenssprecher Jürgen Gangoly zur "Wiener Zeitung". Aber der Reihe nach.
Undercover-Video belastet
Der Konzern steht schon länger in der Kritik, durch den Ankauf die illegale Abholzung in Rumänien zu fördern. Im Jänner gingen etwa 200 Bürger in der kleinen Ortschaft Covasna in Zentralrumänien auf die Straße, um gegen den Bau eines neuen Schweighofer-Sägewerks zu protestieren. Sie befürchteten die Abholzung nahe gelegener Wälder der Südost-Karpaten und das Ende kleiner Holzwerke durch die mächtige Konkurrenz aus Österreich. Im Frühjahr protestierten mehrere Tausend Menschen in der Hauptstadt Bukarest gegen die intensive und illegale Abholzung der Wälder. Ein Teil der Wut richtete sich gegen Schweighofer, dem vorgeworfen wird, das Holz zu kaufen und so die Abholzung zu fördern.
Den Volkszorn gegen den Konzern hat ein Undercover-Video der EIA im April geweckt. In dem Video bietet Alexander von Bismarck, Direktor der EIA, zwei Managern der Firma Holz an, das über die erlaubte Menge hinaus gerodet werden soll. In zwei Videos sagen die Firmenvertreter dazu: "Kein Problem." Bismarck seien sogar Boni angeboten worden. Schweighofer wirft der EIA vor, das Material verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen zu haben sowie das ungeschnittene Material vorzuenthalten.
Der Bericht, dem eine zweijährige Recherche seitens der EIA und Agent Green vorangeht, kommt zum Schluss, dass "Schweighofer der größte Einzelverursacher illegaler Einschläge im vergangenen Jahrzehnt ist." Und "keinerlei wirksame Maßnahmen setzt, um den Ankauf von Holz illegaler Herkunft zu verhindern". Obwohl das Unternehmen immer wieder versicherte, alle "menschenmöglichen" Anstrengungen zu unternehmen, und auf strenge Kontrollen an den Werken und auf ein sogenanntes Woodtracking-System verweist. "Die Illegalität war sehr leicht zu finden", sagte Bismarck am Mittwoch vor Journalisten in Wien. Im Februar des Vorjahres entdeckten die Umweltschützer von Agent Green ein Rodungsgebiet in einem rumänischen Nationalpark. Sie verfolgten 500 Lkw mit rund 10.000 Kubikmeter illegal gerodetem Holz. "Fast alle fuhren zu Schweighofer-Sägewerken", erzählte Gabriel Paun, Präsident von Agent Green. Als er versucht haben soll, die Abnahme zu filmen, sollen ihn Sicherheitskräfte der Firma körperlich und mit Pfefferspray attackiert haben. Auch in anderen Fällen soll Holz aus geschützten Gebieten oder über die erlaubte Menge illegal gerodet und an das Unternehmen verkauft worden sein. Das Holz werde zu Briketts und Holzpellets, diese machen 60 Prozent der europäischen Exporte Schweighofers aus, verarbeitet. Und in insgesamt 21 EU-Länder verkauft. "Unser hochwertiges Holz aus geschützten sensiblen Gebieten wird zu Billigware verarbeitet und in euren Supermärkten verkauft", so Paun. Österreich ist mit einem Volumen von 58,6 Millionen Euro laut EIA-Bericht Hauptabnehmer. Die Ware landet hier bei Spar, Obi, Baumax.
Die rumänische Regierung hat auf den öffentlichen Druck reagiert und im Mai Ermittlungen eingeleitet. Die Regierungsbeamten fanden dabei heraus, dass 27 Lieferanten allein aus der Gemeinde Maramures zwischen Jänner 2014 und April 2015 mehr als 165.000 Kubikmeter Holz illegaler Herkunft an Schweighofers Sägewerk in Sebes geliefert haben. Der Bericht des Umweltministeriums kam generell zum Schluss, dass ein Viertel des Holzeinschlags zwischen 1990 und 2011 illegal war.
Drohbrief an Regierung
Der österreichische Konzern, der seit 2003 in Rumänien tätig ist, ist dem Land zu mächtig geworden. Mit drei Sägewerken und zwei Fabriken ist er Marktführer im Land. Er kauft etwa 40 Prozent der gesamten Weichholzproduktion Rumäniens auf.
Ein neues Forstgesetz sollte deshalb die Monopolstellung großer Konzerne brechen. Ein Unternehmen soll dann nur mehr 30 Prozent einer Holzsorte verarbeiten dürfen. Schweighofer war diesbezüglich not amused. Man sehe den "freien Wettbewerb" in Gefahr und Geschäftsführer Gerald Schweighofer wandte sich persönlich vergangenen Herbst in einem Brief an Premierminister Victor Ponta. Darin droht die Firma mit Rückzug aus Rumänien, sollte das Gesetz in Kraft treten, und mit der Kündigung aller damals rund 2600 Mitarbeiter. Darüber hinaus drohte der Geschäftsführer mit einem Verfahren vor dem internationalen Schiedsgericht in Washington. Eingeleitet ist dieses allerdings noch nicht, wie eine Anfrage ergab.
WWF zertifizierte Holz
Das Bundesamt für Wald soll jetzt im Zuge der Beschwerde des WWF prüfen, ob das Unternehmen gegen die EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) verstoßen hat. Diese verbietet die Einfuhr von illegal geschlagenem Holz in die EU und sollte bis 2013 von allen EU-Mitgliedstaaten in nationales Gesetz gegossen werden. In Österreich ist sie schon in Kraft, in Rumänien nicht. Sollte die Behörde hier tatsächlich Verstöße feststellen, drohen dem Konzern höchstens 30.000 Euro Strafe.
Der WWF steht derzeit übrigens selbst in der Kritik, mit der FSC-Nachhaltigkeitszertifizierung Schweighofer einen Persilschein ausgestellt zu haben. Andrea Johanides, Geschäftsführerin von WWF Österreich, entgegnete, dass diese Zertifizierung nur für zwei Prozent des Schweighofer-Holzes gelte. Man wolle nun eine Beendigung des Zertifikats prüfen. Und auch Schweighofer prüft. Der EIA-Bericht wird nun den Anwälten vorgelegt. Juristische Nachspiele sind damit auf beiden Seiten sehr wahrscheinlich.