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Spuren des Terrors

Von Martyna Czarnowska

Politik

Brüssel erinnert an die Anschläge des 22. März 2016.


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Brüssel. Die Nachrichten sind noch immer dort zu lesen. An einer Wand in der U-Bahnstation Maelbeek, mitten im Brüsseler EU-Viertel, prangt ein großes Herz, und rundherum gruppieren sich kleine Zeichnungen, Gedichte, Friedensaufrufe. Es ist eine Erinnerung an die Todesopfer des Bombenanschlags vor einem Jahr. Am Morgen des 22. März jagte sich dort ein Attentäter in die Luft, kurz zuvor waren Sprengsätze auf dem Flughafen Zaventem explodiert. Die Islamisten rissen 32 Menschen in den Tod. Mehr als 300 Personen wurden verletzt.

Brüssel fügte sich ein in die Reihe der Städte, die vom Terror getroffen waren. Und Razzien, die Präsenz von gepanzerten Fahrzeugen sowie Soldaten mit Gewehren im Anschlag konnten das nicht verhindern. Denn nicht erst nach den Attentaten im März wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Schon nach den Anschlägen auf das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" im Jänner 2015 wurden auch in Brüssel Maßnahmen ergriffen. Nach den Attacken in Paris im November 2015 führten ebenfalls Spuren in das Viertel Moleenbeek, das bis heute unter seinem Image als Unterschlupf für Terroristen leidet. Damals, im November, wurde die höchste Sicherheitswarnstufe ausgerufen, Soldaten patrouillierten, öffentliche Verkehrsmittel fuhren nicht, Schulen blieben tagelang geschlossen. Der Alltag war gelähmt - mehr noch als wenige Monate später, nachdem in Brüssel selbst Bomben explodiert waren.

Die Soldaten auf den Straßen sind geblieben, zu sehen noch immer vor EU-Gebäuden, Botschaften, manchmal in Grüppchen in einem U-Bahn-Wagen, plaudernd und lachend nach Dienstschluss. Geblieben sind auch die schärferen Anti-Terror-Gesetze, mit strengeren Kontrollen und mehr Möglichkeiten für Ermittler. Nicht abgeschlossen sind auch die Debatten um Entschädigungen für die Opfer und ihre Familien. Und keineswegs abgeklungen sind die Vorwürfe an die Behörden. Im politisch zersplitterten Belgien, wo der Informationsaustausch und die Kooperation nicht einmal zwischen zwei Brüsseler Bezirken immer reibungslos funktioniert, mussten die Ermittler Kritik hinnehmen, wichtigen Hinweisen nicht nachgegangen zu sein.

Die Anschläge haben zwar kurzfristig ein Zusammenrücken bewirkt: Die Menschen trauerten gemeinsam; der Platz vor der alten Börse im Zentrum Brüssels wurde zu ihrem Sammelort, wo Kerzen angezündet, Blumen niedergelegt, Beileidsbekundungen in vielen Sprachen hinterlassen wurden. Doch an den Klüften, die sich durch die Stadt und das gesamte Land ziehen, änderte das nur wenig. Das gilt auch für die Einwohner, von Alteingessenen über junge Einwanderer bis hin zu EU-Beamten. Brüssel bleibt vielfältig - und gespalten.