Mit 40,9 Prozent höchster FPÖ-Wähler- Anteil österreichweit. | Ausländer: "Kein brennendes Thema." | St. Georgen. "Die Landbevölkerung hilft halt noch zusammen. Das macht das Landleben so lebenswert", findet der 30-jährige Dorfwirt Sebastian Hochradl. "Und wir haben hier Ruhe und Natur", ergänzt er heiter. Die im Hintergrund hörbare, stark befahrene B156 scheint ihn nicht zu stören. Schließlich ist sie es ja, die die gute Verkehrsanbindung von St.Georgen ausmacht: Salzburg erreicht man in 40 Minuten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
410 Menschen leben im oberösterreichischen Sankt Georgen am Filmannsbach. Im Ort gibt es eine Kirche, ein Wirtshaus, eine Volksschule, die Feuerwehr und das Gemeindeamt. Mehr nicht - kein Geschäft, nur ein paar Einfamilienhäuser. Politisch ist St. Georgen schon lange in der Hand blauer Bürgermeister: Schon seit 1949, als der Bürgermeister noch vom Verband der Unabhängigen gestellt wurde, den die FPÖ bei ihrer Gründung 1955 absorbierte.
"Traditions-Sache"
Auch der jetzige Bürgermeister Franz Kastinger ist "blau". Schon sein Vater - ebenfalls Franz Kastinger - war über viele Jahre hindurch FPÖ-Bürgermeister in St.Georgen. "Der hohe FPÖ-Wähleranteil hat sich über die Jahre entwickelt. Das ist Traditions-Sache. Die Eltern machen das, und die Kinder führen es halt weiter, das ist geschichtlich bedingt", erklärt Bürgermeister Franz Kastinger junior, darauf verweisend, dass aber auch die ÖVP in St. Georgen einen hohen Stimmenanteil habe. Er fände es gut, dass es zwei Parteien gibt, meint er: "Das spornt an, sich mehr anzustrengen. Konkurrenz wirkt ja auch motivierend."
Dass der Erfolg der FPÖ mit der "Ausländer-Thematik" zu tun hat, glaubt Kastinger nicht. "Das ist bei uns kein brennendes Thema. Im Ort leben nur 15 Nicht-Österreicher, und mit denen gibt es keine Probleme", erklärt er.
Auch der 48-jährige Unternehmer Karl Binderberger, der im Industriegebiet auf der gegenüberliegenden Seite des Ortskerns 85 Angestellte beschäftigt, sieht den Erfolg der FPÖ in St. Georgen nicht in "Ausländer-Angelegenheiten" begründet: "Ausländer sind hier gar kein Thema. Die FPÖ hat hier einfach lange Tradition, vielleicht auch, weil es so viele alteingesessene Familien gibt." Nein, mit Ausländern habe man hier Gott sei Dank keine Schwierigkeiten, sagt auch der 52-jährige Ortspartei-Obmann Alois Ott. "Aber der Zuzug wird noch kommen. Das sieht man ja jetzt schon an den großen Städten", fügt er hinzu.
"Blaue sind für alle da"
Ott sieht den Erfolg der FPÖ daraus resultierend, dass die "Blauen" in St. Georgen für jeden Bürger, egal welcher Partei er angehöre, da seien. Zudem leiste die FPÖ hier eine kontinuierliche, ruhige Arbeit. "Die Jungen werden aufgebaut und schon in Richtung FPÖ hingricht", erklärt er. "Und den Jungen geht es gut bei uns. Wir spüren auch die Krise nicht besonders." Mit Krisenfolgen wie Kurzarbeit hatten die drei großen ortsansässigen Betriebe, die 110 Mitarbeiter beschäftigen und die Gemeindekasse gut füllen, nicht zu kämpfen. "Zum Glück haben wir hier kein Problem mit Arbeitslosigkeit", sagt Bürgermeister Kastinger. Sorgen bereite aber die Aufrechterhaltung der Volksschule. Diese sei jedoch sehr wichtig, um den Kindern einen Bezug zur eigenen Gemeinde zu vermitteln, meint Kastinger. Und es sei schließlich auch die Schule, die mit ihren Veranstaltungen die Gemeinschaft belebe.
Das Gemeinschaftsgefühl wird hier auch in zahlreichen Vereinen wie der Landjugend, dem Kameradschaftsbund und dem Stockschützenverein gefordert. Gerne trifft man sich auch am Sonntag nach der Kirche zum Frühschoppen am Stammtisch. "Politisiert wird da aber kaum", klärt Dorfwirt Hochradl auf. "Es werden eher die Geschehnisse der letzten Woche besprochen."