Zum Hauptinhalt springen

"Staat muss Lockdown beenden, wenn Gesundheitssystem stabil ist"

Von Petra Tempfer

Politik

Laut Bioethikkommission darf es durch Geimpfte und Nicht-Geimpfte zu keiner Spaltung der Gesellschaft kommen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Neben einem negativen Testergebnis soll künftig auch der Impfnachweis die Eintrittskarte für das Restaurant oder den Konzertsaal sein. So sieht es der Grüne Pass der Regierung vor, und auch laut Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes ist es rechtlich und ethisch vertretbar, wenn geimpfte Personen von "bestimmten Einschränkungen, die der Eindämmung der Verbreitung von Covid-19 dienen", ausgenommen werden.

Durch eine Ungleichbehandlung Geimpfter und Nicht-Geimpfter dürfe es jedoch zu keiner Spaltung der Gesellschaft kommen, schreibt die Bioethikkommission in ihrer aktuellen Stellungnahme zur Pandemie, und: Sobald der wesentliche Grund für den Lockdown - der drohende Zusammenbruch des Gesundheitssystems - wegfällt, müsse der Staat diesen beenden.

"Die Maßnahmen, die der Staat zur Eindämmung der Pandemie erlassen hat, stellen Einschränkungen unserer Grundrechte dar", sagt Christiane Druml, Vorsitzende der Bioethikkommission, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Diese Einschränkungen seien zum Teil erheblich. Gibt es keine zwingenden Gründe mehr für diese, etwa aufgrund der steigenden Durchimpfungsrate und der sinkenden Anzahl der Spitalsaufenthalte, "muss der Gesetzgeber die Freiheitsbeschränkungen zurücknehmen", so Druml.

Verfassung steckt Grenzen ab

Denn: "Die Freiheit des Einzelnen ist kein der Disposition des Gesetzgebers überlassenes Gut, sondern ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht, in das der Gesetzgeber nur in den von der Verfassung gezogenen Grenzen eingreifen darf", ist auch in der Stellungnahme der Bioethikkommission zu lesen.

Erweist sich nur bei den geimpften Personen, nicht jedoch beim Rest der Gesellschaft diese Einschränkung der Grundrechte als nicht mehr erforderlich, so müsse es zu deren Rücknahme in dieser Personengruppe kommen. Allein die Tatsache, dass viele, die schlichtweg zu jung sind oder auf die Impfung warten, einfach noch keine Chance auf diese hatten, dürfe die Gesellschaft vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes aber nicht spalten.

Geimpfte besuchen Geimpfte

In der Praxis bedeute das, dass neben der Impfung oder der überstandenen Covid-19-Erkrankung immer auch eine weitere Möglichkeit wie ein negatives Testergebnis die Teilnahme am sozialen Leben ermöglichen müsse, präzisiert Druml. "Natürlich immer nur unter den jeweiligen Vorzeichen der wissenschaftlichen Erkenntnisse: Also das Testergebnis ist zum Beispiel 24 Stunden lang als Nachweis über ein geringeres Infektionsrisiko gültig und die Impfung etwa drei Wochen nach der ersten Teilimpfung für mehrere Monate."

Speziell für Besuche im Pflegeheim sieht Druml wiederum gar keinen vernünftigen Grund für Einschränkungen, wenn der Besuchte und Besucher geimpft oder genesen sind. "Denn die Menschen in den Pflegeheimen haben in den letzten Monaten besonders unter Isolation gelitten und sollten soziale Teilhabe in vollem Umfang wieder ermöglicht bekommen", sagt sie.

Was die gesamte Gesellschaft - also Geimpfte, Nicht-Geimpfte und Genesene - aber trotz allem und nach wie vor bis zum Ende der Pandemie einhalten sollten, das seien die Hygienemaßnahmen wie das Tragen einer FFP2-Maske, das regelmäßige Händewaschen und Abstandhalten. Denn das Risiko, zu erkranken oder das Coronavirus auf andere zu übertragen, ist bei Geimpften und Genesenen zwar deutlich reduziert - aber nicht automatisch gleich null.