Androsch: Müssen Fusionen forcieren. | Geldinstitute orten eine Gefahr für den Wettbewerb. | Wien. Noch ist die Kärntner Hypo Group Alpe Adria nicht über den Berg, da deuten sich bereits die nächsten Probleme in der Finanzbranche an: Informationen der "Wiener Zeitung" zufolge hat die Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes (Fimbag vulgo Banken-ÖIAG), welche die Staatshilfen für den heimischen Finanzsektor verwaltet, nach einer Sitzung am 30. November einen eindringlichen Brief an Finanzminister Josef Pröll verfasst. | Auf knapp 2000 Österreicher kommt eine eigene Bankfiliale
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Insidern zufolge sprechen sich die Fimbag-Vorstände Klaus Liebscher und Adolf Wala in dem Schreiben dafür aus, dass die Volksbank AG (ÖVAG) wegen der "besorgniserregenden Entwicklung" seit Jahresmitte einen strategischen Investor an Bord holen sollte. Dieser müsste gleichzeitig als Finanzinvestor fungieren. Die vorgelegte wirtschaftliche Prognose der ÖVAG sei - wie jene der Kärntner Hypo - zu optimistisch gewesen.
Der Volksbank AG steht heuer ein Riesenverlust ins Haus. Seitens der Bank schätzt man die Situation dennoch anders ein als die Fimbag in ihrem Brief: Im kommenden Jahr "besteht die Möglichkeit eines Turn-arounds", so ein ÖVAG-Sprecher. Mit dem Verkauf vier kleinerer Banken innerhalb des Volksbanken-Sektors habe das Institut bewiesen, dass man ohne Hilfe von außen auskomme.
Teure Strukturen
Der Ruf nach einem ÖVAG-Investor durch die Fimbag passt jedoch zur zentralen Forderung, die die Gesellschaft in dem Brief an den Finanzminister erhebt: Ziel müsse sein, dass der Bund die Neustrukturierung des heimischen Finanzsektors vorantreibt. Fimbag-Aufsichtsrat und Ex-Finanzminister Hannes Androsch verweist darauf, dass es in Österreich - gemessen an der Größe des Marktes - zu viele Banken und Bankfilialen gebe. Wegen der teuren Strukturen sei für die Institute in Österreich kaum noch etwas zu verdienen. Deshalb hätten sich die Banken viel zu stark in Osteuropa engagiert.
Androsch spricht sich für Fusionen in der Branche aus sowie für sektorübergreifende Zusammenlegungen in einzelnen Bereichen - etwa im Zahlungsverkehr oder bei EDV-Systemen. Wen die Fimbag als "strategischen Investor" für die ÖVAG im Auge hat, ist offen. Seit längerem halten sich jedoch Gerüchte, das Institut könne mit der - ebenfalls schwächelnden - Bawag gemeinsame Sache machen. Androsch spricht von "gewissen Synergien", die sich aus einem solchen Zusammenschluss ergeben würden.
Dass sich - nicht zuletzt als Folge der Finanzkrise - in Österreich eine Konsolidierung der Bankenbranche anbahnt, sagen Experten seit längerem voraus. Auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny erwartet eine gewisse Bereinigung des Finanzsektors. Die Banken selbst halten große Umbrüche jedoch für unwahrscheinlich.
Bedingung für Hilfe?
Eine Fusion zweier heimischer Großinstitute wäre wettbewerbsrechtlich gar nicht möglich, heißt es aus der Branche. Allerdings hat sich wiederholt gezeigt, dass die Wettbewerbshüter nicht nur allgemeine Marktanteilszahlen in ihre Bewertung einbeziehen. Wenn die Präsenz in einzelnen betroffenen Regionen und Geschäftsbereichen innerhalb bestimmter Grenzen bleibt, wäre wohl auch eine Ehe größerer Institute nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus könnten die Behörden ja eine Genehmigung unter Auflagen erteilen.
Letzteres gilt auch bei solchen Zusammenlegungen, die eher auf die Zustimmung der Banken stoßen könnten - etwa in der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Hier ist immer wieder von einer gemeinsamen "Zahlungverkehrsfabrik" die Rede. Zwischen einzelnen Instituten gibt es eine solche Kooperation bereits.
Wenig Freude kommt seitens der Genossenschaftssektoren wie Raiffeisen, Sparkassen oder Volksbanken hingegen auf, wenn es um die Schließung von Filialen in kleinen Ortschaften geht. Hier sei man schließlich ein "Nahversorger", heißt es. Allerdings gibt es bereits jetzt immer wieder Zusammenschlüsse kleinerer Banken dieser Sektoren.
Dies unterstützt der Bund - zumindest bei den Sparkassen - seit heuer durch die Beseitigung einer steuerlichen Hürde. Ob der Staat die Banken notfalls zu einer gröberen Flurbereinigung zwingen könnte, ist jedoch offen. Androsch plädiert dafür, dies zur Bedingung für Hilfen aus dem staatlichen Bankenhilfspaket zu machen. Vorbild könnte Frankreich sein, wo Präsident Nicolas Sarkozy eine Fusion der angeschlagenen Sparkassen und Volksbanken durchgesetzt hat.