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Staat - vorerst nur auf dem Papier

Von WZ-Korrespondent Andreas Hackl

Politik

Nach Anerkennung ihres Staates durch UNO schöpfen Palästinenser Hoffnung.


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Tel Aviv. Die Welt hat Palästina am Donnerstag zum Staat gemacht - wenn auch nur auf dem Papier: Mit überwiegender Mehrheit stimmte die UNO-Generalversammlung in New York für die Aufwertung Palästinas zu einem staatlichen Nicht-Mitglied mit Beobachterstatus. Auch Österreich war unter den 138 Ländern, die für den eingebrachten Resolutionsentwurf stimmten. "Österreich war ein wichtiger Katalysator. Es hat zur Desintegration des Nein-Lagers in der EU beigetragen", sagt Sabri Saidam, Berater von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Nur neun Staaten stimmten gegen die Resolution: Israel, USA, Kanada, Tschechien, Panama Marshall-Inseln, Mikronesien, Nauru und Palau. Weitere 41 Staaten enthielten sich, fünf blieben der Abstimmung fern. Die Anerkennung als "Staat" öffnet für Palästina auch Türen in andere UN-Organisationen, wie den Internationalen Strafgerichtshof, den es wegen Völkerrechtsverletzungen durch Israel anrufen könnte.

"Wir werden nicht aufgeben, wir werden nicht müde, und unsere Entschlossenheit wird nicht nachlassen", erklärte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in seiner Rede vor der UNO. Nach drei Jahrzehnten britischer Herrschaft, zwei Jahrzehnten jordanischer und ägyptischer Kontrolle und 45 Jahren israelischer Besatzung ist das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser mit November 2012 zum ersten Mal in Form eines Staates anerkannt worden. Trotzdem könnte die Realität der Menschen in Palästina kaum weiter von diesem Staat entfernt sein.

"Mein Ehemann lebt in Ostjerusalem. Ich lebe hier. Wenn Palästina ein Staat wäre, könnten wir zusammenleben. Aber Israel trennt uns", sagt die 25-jährige Palästinenserin Fatima Shahad im Sammeltaxi auf dem Weg nach Ramallah. Zwischen ihrem Wohnort außerhalb von Ramallah und Jerusalem, wo ihr Mann wohnt, liegen nur zehn Kilometer. Dennoch kann Fatima nicht zu ihrem Mann, weil sie wie die meisten Palästinenser im Westjordanland eine Sondergenehmigung bräuchte, um nach Jerusalem zu kommen. Ihr Mann wiederum darf nicht mit ihr im Westjordanland leben, weil ihm die israelischen Behörden dann seine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung in Ostjerusalem wegnehmen könnten. So bleiben die Schicksale vieler Palästinenser durch die israelische Verwaltung fremdbestimmt.

"UNO wird an der Besetzung durch Israel nichts ändern"

"Seit 1967 besetzt Israel unser Land. Die UNO wird daran auch nichts ändern", sagt die Palästinenserin Fatima und ärgert sich über die Freudenfeiern der Unterstützer von Präsident Abbas. "Die feiern ihre Feste und jubeln. Aber zwischen mir und meinem Mann liegt immer noch eine undurchdringliche Grenze."

Die UN-Resolution spricht von einem palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967. Doch zwischen dem Resolutionstext in New York und dem Leben in Palästina liegen offenkundig weiterhin Welten. Trotzdem sind am Donnerstagabend einige tausend Menschen zum Yasser-Arafat-Platz in Ramallah gekommen, um die Rede ihres Präsidenten auf einer Leinwand mitzuverfolgen. Wenn die UN-Resolution auch keinen Staat nach Ramallah gebracht hat, so wollten sie zumindest Hoffnung schöpfen.

"Wir hoffen, dass Israel jetzt unter Druck gesetzt wird, mit uns in Verhandlungen zu treten", sagt Sabri Saidam. Während Israel die Resolution als einseitigen Schritt gegen Verhandlungen kritisierte, sieht Saidam das genau umgekehrt: Die Anerkennung in der UNO mache Friedensverhandlungen wahrscheinlicher. Auch eines der größten Hindernisse für Verhandlungen, die Spaltung zwischen den Palästinenser-Parteien Fatah und Hamas, könnte bald beseitigt sein. "Schon in zwei Wochen wird es eine große Überraschung geben", verspricht er. "Unsere Leute sind zurzeit in Gaza, um weitere Schritte zu besprechen. Der jüngste Gaza-Krieg hat geholfen, Streitigkeiten beizulegen. Die UNO war der zweite Schritt."