Angebot von bis zu 50 Millionen Euro für restliche 30 Prozent. | Wien. Dass auch Geschäftsbanken an der mehrheitlich dem Bund gehörenden Nationalbank (OeNB) beteiligt sind, ist der Politik seit langem ein Dorn im Auge. Der wichtigste Grund: Als Miteigentümer kontrollieren sich die Banken quasi selbst, zumal die Bankenaufsicht der OeNB obliegt. Finanzminister Josef Pröll will mit diesem österreichischen Spezifikum nun aufräumen. Offenbar gerade deshalb, weil das Desaster bei der Hypo Alpe Adria Schwächen im Aufsichtssystem aufgezeigt hat.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Am Montag kündigte der Vizekanzler nach der ÖVP-Klausur in Altlengbach an, alle nicht-staatlichen Aktionäre der Nationalbank auskaufen zu wollen. Am Ende soll die Republik über sämtliche Anteile verfügen. Derzeit hält der Bund mehr als 70 Prozent. Knapp 30 Prozent sind hingegen in Händen von Banken, Versicherungen und Interessenvertretungen (Grafik) . Für diese Anteile bietet Pröll bis zu 50 Millionen Euro.
Pröll: Preis angemessen
Den Kaufpreis, der dem 13- bis 14-Fachen des Nominalwerts der Anteile entspricht, verteidigt Pröll mit Verweis auf die ehemalige Gewerkschaftsbank Bawag. Die hatte ihre gemeinsam mit dem ÖGB gehaltene Beteiligung an der OeNB - 20 Prozent - vor fast vier Jahren an den Bund abtreten müssen. Das war eine der Bedingungen für die staatliche Rettungsaktion im Mai 2006 gewesen. Schon damals habe der Staat deutlich mehr für die Anteile bezahlt, als sie nominell wert sind, so Pröll.
"Erste Kontakte" mit den Miteigentümern der OeNB hat das Finanzministerium bereits aufgenommen. Pröll rechnet nicht damit, dass er mit seinem Angebot abblitzen wird.
Ein Rundruf der "Wiener Zeitung" bei den wichtigsten OeNB-Minderheitsaktionären bestätigt: Die Chancen stehen nicht schlecht, dass der Staat diesmal - bei seinem neuerlichen Anlauf - die historisch gewachsene, in der heutigen Finanzwelt aber unzeitgemäße Eigentümerstruktur der OeNB aufbrechen kann.
Positive Signale von RZB
Bei der Raiffeisen Zentralbank (RZB) - sie ist mit 8,7 Prozent der größte nicht-staatliche Notenbank-Aktionär - heißt es: "Wir sind sicher gesprächsbereit, wenn auch die anderen Miteigentümer ihre Anteile verkaufen." Noch im Herbst 2007 hatten die RZB-Spitzen der Regierung ausgerichtet, es gäbe "keinen Preis, zu dem wir bereit wären zu verkaufen". Auch die Uniqa-Versicherung, die zum Reich der Giebelkreuzer gehört, zeigt sich nun verkaufsbereit, sofern die Bedingungen stimmen.
Gleiches gilt für die Wiener Städtische, die einst der Bank Austria nahestehende B & C und die Industriellenvereinigung. Indes sieht die Wirtschaftskammer derzeit keinen Anlass, ihre Anteile an der OeNB (8,3 Prozent) zu verkaufen: "Wenn der Bund etwas will, soll er ein Angebot legen. Wir haben keine Verkaufseile."
Von Ewald Nowotny, dem Gouverneur der OeNB, kam am Montag nur ein knappes Statement zur neu aufgeflammten Diskussion um die Eigentumsrechte an der Nationalbank. Er sieht deren "volle Unabhängigkeit", wie sie im Vertrag zur Wirtschafts- und Währungsunion festgeschrieben ist, gesichert. Die OeNB werde ihre wirtschaftspolitische Funktion für Österreich im Rahmen des Eurosystems erfüllen, unabhängig davon, wie ihre Eigentumsverhältnisse künftig aussehen.
Für die SPÖ und die Opposition ist die von Finanzminister Pröll angekündigte Vollverstaatlichung der Nationalbank ein längst notwendiger Schritt. "Das ist ein erster Baustein für eine neue Finanzarchitektur, in der Kontrolle wieder alle notwendigen Möglichkeiten hat", betont SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer.