Zum Hauptinhalt springen

Staatlich geförderter Kriminaltourismus?

Von Friedrich Korkisch

Gastkommentare
Friedrich Korkisch leitet das Institut für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.

Das Verhältnis zwischen Politik und Kriminalität ist durchaus aufklärungsbedürftig.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wäre ein Außerirdischer im Sommer in Mitteleuropa gelandet, hätte er Folgendes festgestellt: Länder und Städte aller Größen werben mit Plakaten und Prospekten für den Fremdenverkehr und offerieren Kultur, Sehenswürdigkeiten, Ruhe oder Entertainment. Gleichzeitig haben die auf Urlaub befindlichen Mitteleuropäer seit einigen Jahren das unangenehme Gefühl, dass in ihrer Abwesenheit Einbrecher ihr Hab und Gut rauben. Und diese Einbrecher haben volle Bewegungsfreiheit, weil der Staat sie in ihrem Tun indirekt unterstützt, durch das Offenhalten der Grenzen, damit sie beim Einbrechen und Außerlandesbringung ihres Diebsgutes nicht behindert werden.

Oder etwa der Import von Zuhältern und Prostituierten, gegen die es angeblich keine Rechtsmittel gibt, und gegen die man erst einschreitet, wenn irgendwo Leichen herumliegen oder Misshandlungen offenkundig werden. Hier einzuschreiten ist für die Beamten oft brisant, weil in diesem Milieu oft ehrenwerte Bürger mit hohem Bekanntheitsgrad "aktiv" anzutreffen sind.

Wir erinnern uns daran, dass nun schon zwei Innenministerinnen mit fester Stimme erklärten, man werde wieder, unangekündigt, fallweise, die Grenzen kontrollieren; beide haben das dann aber unterlassen, um diese Errungenschaft des neuen Europas nicht aufs Spiel zu setzen und - aus Sicht des Außerirdischen - den Kriminellen auch keine Hindernisse in den Weg zu legen.

Das sehen hochrangige Polizeioffiziere mit Besorgnis, denn sie stehen mit ihren erstklassigen Beamten vor der unbewältigbaren Aufgabe, immer mehr Kriminelle ausforschen zu müssen, nur um zu sehen, dass diese binnen Stunden Österreich verlassen, oft von der Justiz auf freiem Fuß angezeigt und Wochen später erneut wieder zur Tat schreitend.

Kein Wunder, dass sich die Polizei von der Politik missbraucht fühlt, etwa auch, wenn sie im November Autofahrer wegen Kleinigkeiten strafen soll, deretwegen diese zehn Monate lang unbehelligt geblieben sind. Viele Staaten in Europa benützen die uniformierte Polizei als budgetwirksame Abkassiertruppe, während die Autodiebe und Einbrecher einen Häuserblock weiter unbehelligt bleiben.

Die Justiz ist in vielen europäischen Demokratien total verpolitisiert, sie ist auch ein erkennbarer Schwachpunkt: Man bestraft den illegalen Import einiger Stangen Zigaretten und das Zerstören des Gesichtes einer minderjährigen Prostituierten etwa gleich hoch; irgendetwas ist in der Rechtsprechung schief gelaufen. (Wer einmal über ein Jahr hinweg die Urteile der Gerichte sammelt, wird dabei Erstaunliches feststellen können.)

Dass ein österreichischer Jungpolitiker ohne größeren Bildungshintergrund allein wegen eines über das Telefon ausgesprochenen Verkaufsangebots der Staatsbürgerschaft (für Gegenleistungen, eh klar) vor ein Gericht gestellt wurde, verwundert - erinnert man sich doch, dass früher die Ausfolgung der österreichischen Staatsbürgerschaft durchaus üblich war, sobald sich jemand damit einen persönlichen, finanziellen oder politischen Vorteil verschaffen konnte.