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Staatliche Spekulationen: Rien ne va plus

Von Josef Cap

Gastkommentare

Wie würden Sie jemanden bezeichnen, der das Haushaltsgeld, das er hat, und zusätzlich noch Geld, das er nicht hat (für das er also einen Kredit aufgenommen hat), in riskante Aktien und hochspekulative Finanzprodukte investiert? Genau: einen verantwortungslosen Spekulanten. Und wenn das jemand mit Ihrem Geld macht, ohne dass Sie davon wissen? Das geht nicht, meinen Sie? Genau das aber ist passiert. Mit Ihrem Steuergeld, wie der Rechnungshof aufgedeckt hat.


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Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur hat die Aufgabe, Geld, das die Republik Österreich aus den verschiedensten Gründen "flüssig" haben muss, kurzfristig zu veranlagen. Und nachdem es sich dabei um Steuergeld handelt, sollten diese Anlagen konservativ und sicher sein.

Sollten - denn die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur hat mit diesem Geld spekuliert. Und, weil es so lustig ist, noch zusätzlich Geld aufgenommen, für das ebenfalls spekulative Anlagen gekauft wurden. Jetzt droht ein Verlust von mehreren hundert Millionen Euro und keiner wills gewesen sein.

Wie es dazu kommen konnte - das zu erklären haben jetzt gleich drei ÖVP-Finanzminister. Der unvergessliche Karl-Heinz Grasser, während dessen glorreicher Ägide diese spekulativen Geschäfte in großem Umfang begonnen wurden und der sie erst ermöglicht hat. Wilhelm Molterer, in dessen Zeit die Spekulationen fortgeführt wurden, und nunmehr Josef Pröll, der - obwohl Umfang und Ausgang der Spekulationen ihm schon bekannt waren - in einer Anfragebeantwortung dem Nationalrat mitteilte, dass die Bundesfinanzierungsagentur selbstverständlich nur konservativ veranlage und keine Risiken eingehe.

Anstatt nun aber Aufklärungs- und Aufräumungsarbeit zu leisten, ergehen sich alle drei ÖVP-Finanzminister in gegenseitigen Schuldzuweisungen. Grasser betont, dass es zu seiner Zeit bei den Spekulationen nur Gewinne und keine Verluste gegeben habe. Molterer betont, dass er nur fortgeführt habe, was Grasser begonnen hatte, und Pröll verweist darauf, dass alles vor seiner Zeit passiert sei.

Die Öffentlichkeit, sprich der Steuerzahler, hat aber ein Recht darauf, Folgendes zu erfahren: Wieso ist die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur überhaupt in hochriskante Geschäfte eingestiegen? Wer trägt dafür die Verantwortung? Wieso wurden weder Öffentlichkeit noch Parlament darüber informiert? Wie wird für die Zukunft garantiert, dass Derartiges nicht mehr vorkommt?

Wobei der entscheidende Punkt nicht ist, dass diese Spekulationen zu Verlusten geführt haben. Der entscheidende Punkt ist, dass mit dem Geld der Steuerzahler schon aus Prinzip nicht spekuliert werden darf. Wer ins Kasino gehen will, soll das mit seinem eigenen Geld machen. Für den Staat aber muss es in Zukunft heißen: "Rien ne va plus."

Josef Cap ist Klubobmann der SPÖ im Parlament.